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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnemcntspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prssnttmvrLiiäi,. Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit w Pf., unter „Eingesandt" mit 30 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Donnerstag, den 20. April 1882. 7. Jahrg. Tagesbericht. — Zwönitz, 18. April. Am gestrigen Nachmittag fiel der beim Stadtrathe David Schüller, als Knecht dienende Reinhold während des Fahrens der Art vom Wagen, daß er infolge dieses Falles die Halswirbel sich so lädirte, daß er heute Morgen an allgemeiner Lähmung starb. Reinhold ist 40 Jahr alt und hinterläßt eine Frau und mehrere Kinder. — Am heutigen Tage erwarben sich die Fleischer, die Herren Gustav Köhler in Meinersdorf und Wilhelm Rudolph aus Gornsdorf bei der hiesigen Fleischer-Innung das Meisterreckt. — Die 5. Klasse der 101. Königl. Sachs. Landes-Lotterie wird den 29. d. M. und 1. bis 20. nächsten Monats gezogen. Die Er neuerung der Loose hat bis zum 20. ds. Mts. zu erfolgen. — Eine großartige Auswandcrnng dürfte demnächst aus dem Freiberger Bergrevier vor sich gehen. Richt weniger als 300 Berg leute sind zur Ausbeutung der Goldminen im Transvaal-Lande in Süd-Afrika engagirt worden. Dieselben sollen mit ihren Familien in Hamburg per Segelschiff eingeschisft werden, um im Juli in der Dclagoabay im Kafsernlande anzukommen lind von dort aus die Goldminen „Eilgrimsrest" zu erreichen. Der frühere Wagenweg von der Seeküste bis zu jenen Minen betrug 173 englische Meilen. — In diesem Jahre soll ein sächsisches Turnfest abgehalten werden. Chemnitz will dasselbe für den Sedantag übernehmen und hat demgemäß auch schon die nöthigen Feldgrundstücke zu einem Festplatze in Pacht genommen. Einige größere sächsische Turnver eine, wie die zu Leipzig, Zwickau re. wünschen aber, daß das Fest wohl in Chemnitz, jedoch an einem früheren Tage abgehalten werde. Der Turntag hat über die Zeit des Festes endgiltig zu entscheiden. Die sächsischen Turnvereinsmitglieder, 36,636 an der Zahl, werden auf dem erwähnten Turnlage durch 66 Abgeordnete vertreten. An der Spitze derselben steht als Kreisvertreter der Director der königl. Turnlehrerbildungsanstalt zu Dresden, Bier, unter dessen Leitung das sächsische Turnvereinswesen einen sehr erfreulichen Aufschwung genommen hat. Sachsen enthält fast den fünften Theil aller deutschen Turner, deren Zahl 186,514 beträgt. — Die erst vor fünf Jahren neuerbaute Kirche zu Schönau bei Leipzig ist wegen Auftreten des Schwammes im Holze des Thurmes polizeilich geschlossen worden. Diese Anordnung bringt für die arme Gemeinde schwere Sorgen mit sich. — Der Betrieb der durch Kauf in das Eigenthnm des Königl. Sächsischen Staatsfiscus übergegangenen Sächsisch-Thüring'- schen Ost-Westbahn (Zwickau - Weida) ist am I. April d. I. von der Generaldireclion der Staatseisenbahncn für Rechnung des Staates übernommen worden. Der Gesellschaft der genannten Bahn ist für Ueberlassnng ihres gesammten Unternehmens ein Kaufpreis von 2,775,000 M. gemährt worden, wovon 2,075,000 M. am 1. April d. I. ausgezahlt worden find, während von dem Kaufpreis reste der Betrag von 350,000 Ai. am 1. Augnst d. I. und der Nest von ebenfalls 350,000 M. nach erfolgter Ueberschreibnng des Im mobiliarbesitzes auf den Staatsfiscus ansgezahlt werden wird. — Thum, 14. April. Eine seltene Freude wurde am zweiten Osterfeiertag einer Anzahl hiesiger Bürger zu Theil. Am genannten Tag erschien der Bürgermeister in Begleitung mehrerer Stadtrathe und Stadtverordneten in den Wohnungen von sechs alten, wohl verdienten Bürgern und überreichte denselben nach feierlicher An sprache Diplome, sie dadurch für langjährige, der Stadt als Bürger geleistete Dienste belohnend. Die auf solche Weise Ausgezeichneten sind seit 50 bis 60 Jahren, einer seit 66 Jahren Bürger unseres Ortes. Trotz ihres vorgerückten Alters sind alle noch rüstig. — Aus Hartmannsdorf i/V. wird folgender Fall gemeldet: Am 10. ds. Mts. früh fuhr eine Gevatterschaft von Treuen aus über Pfafsengrttn nach hier. Als das Gefährt, welches, den Täufling mit eingerechnet, 6 Personen trug, in die Nähe des Gämmelschen Hauses angelangt war, versperrten ihin 2 muthmillige Burschen da durch den Weg, indem sie ein langes Wagenbrett quer über den selben hielten. In hiesiger Gegend ist allerdings ein derartiges Aufhalten von Gevatterschaften oder Hochzeitszügen in der Absicht, von ihnen einen Trunk oder ein Geldgeschenk zu bekommen, durch aus nichts Auffälliges. Führt der Kutscher trotz des vorgehaltenen Hindernisses zu, so lassen es die Durstigen vor den Pferden zur Erde sinken, und das Fuhrwerk rollt darüber hin. Einen so harmlosen Verlauf sollte freilich iu diesem Falle die Sache nicht nehmen. Trotz dem nämlich der Kutscher durch schnelles Zufahren deutlich bekundete, daß er durchaus nicht gesonnen sei anzuhalten, ließ doch blos einer der beiden Burschen das Brett los. Der andere aber hielt es nicht nur fest, sondern schlug auch mit einem bereit gehaltenen Nechen- stiele in barbarischer Weise auf den Kopf des einen Pferdes ein, um dadurch das Gefährt zum Stehen zu bringen. Das gemißhandelte Thier drängte mit gewaltigem Ruck zur Seite, in Folge dessen die Deichsel brach. Ihr scharf umgebrochener Stumpf verwundete die ohnehin höchst aufgeregten Rosse. Jetzt singen sie an zu rasen. In furchtbarer Flucht jagte der leichte Wagen dahin. Die Insassen waren vor Schrecken mehr todt als lebendig. Jeder Augenblick konnte sie dem sicheren Verderben überliefern. Da in der höchsten Noth verfing sich eins der Thiere in den Strängen und kam zum Stürzen. Das Gefährt stand; es stand eine Hand breit an der tief und jäh abfallenden Straßenböschung. Hcrbeigeeilte Leute halfen den halb ohnmächtigen Frauen aus dem Wagen und dem am Boden um sich schlagenden stark beschädigten Thiere ans die Beine. Der jenige Bursche aber, der als Urheber des ganzen schrecklichen Vor ganges anzusehen ist, fertigte diejenigen, welche ihm wegen seiner Rohheit Vorstellungen machten, mit den brutalen Worten ab: „Was es kostet, wird bezahlt!" Wie man hört, sind die zur Bestrafung nöthigen Schritte bereits eingeleitet. — Chemnitz, 14. April. Nach einer soeben hier eingetroffenen Mittheilung ist heute in Berlin die Nebergabe der hiesigen Straßen bahn von der bisherigen englischen Besitzerin an die „Deutsche Lokal- und Straßenbahn-Gesellschaft" zu Dortmund erfolgt. An den Ueber- gangs-Verhandlungen nahmen von hier aus Theil: Herr Stadtrath Stadter als Vertreter der Stadt, der Bevollmächtigte der Chem nitzer Straßenbahn, Herr Händel, als Vertreter der früheren Be sitzerin Herr Rechtsanwalt Dr. Enzmann. Die Dortmunder Ge sellschaft, auf dereu Rechnung bereits seit einiger Zeit die Verwaltung der bestehenden Linien ausgeführt wurde, hat auch das Recht des Baues der weiteren projectirlen Straßenbahnlinien erworben. — Plauen i. V., 14. April. Gestern ist ein Adorfer Bürger wegen Verdachts, den für Adorf so verhängnißvollen ersten dies jährigen Brand angestiftet zu haben, gefänglich eingezogen worden. Es hatte sich schon von Anfang an der Verdacht auf jenen Mann gelenkt und da dieser Verdacht gegenwärtig neue Nahrung erhalten hat, so ist auf Anordnung der königl. Staatsanwaltschaft deren Verhaftung vorgenommen worden. — Adorf, 17. April Die Brandstätten von den beiden Bränden sind jetzt vollständig von den Calamitosen geräumt, die Flächen von einem Geometer vermessen; aber das Bauen kann wegen der noch außenstehenden Genehmigung des Bauplanes noch nicht beginnen. In der Mehlthau werden die 5 zerstörten Gebäude in eine Front kommen, während in der Hosstadt mehrere neue und gerade Straßen hergestellt werden. — Die Kgl. BrandverficherungS- commission hat 3 hiesigen Feuerwehrleuten, welche sich beim ersten: Brande durch große Unerschrockenheit ausgezeichnet und dabei selbst Schaden an ihre» Kleidern erlitten haben, aus dem Feuerwehrfond je 10 M. Gratification gewährt. Eine gleiche Anerkennung erhielt auch Herr Schornsteinfeger Berger von hier, der sich bei dem Feuer am 4. Februar sehr tapfer benommen hat. — Von dem Reinge winn eines von der Feuerwehr am 3. Osterfeiertage veranstalteten Vergnügens zu Gunsten der Requisitenkasse wird ein Sprungtuch, welches 31/4 m im Quadrat mißt, angekauft werden, da Rettungs apparate dem Corps noch gänzlich fehlen.