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MsdmfferHWblaN Postscheck: Drerden 2640 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Mittwoch, den 24. Februar 1932 Wiste weimdekseziiiW im MM üowvirnoiti A 8^l< * okeroukkr k 6 litt 220Ni!I. v o 86UX Keic«; KKHItt coi-Ekr 8»btX softliil. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anz«igrvPik>,i dl« 8 s«1r allevr »a»M,«i>« ro Mvs«., di« 1,eip«ttk»« Zrtte d«, amtlichen Beta»»tmach»»se» 4» Nckch» Pfennige, die 3 gespaltene Siedlame,eil« im textlichen Teil« 1 SiWK. Siachweisun,»gebühr ro >ieich»pjc»»i^. Ba» geschriebeneilrfcheinung». « tagenad Pla»»«1ch«W werden nach Möglich»«, Fkrusprecheki Amr Wilsdruff vlr. v berüchfichtigt. annahmebisvorm.10Uhr. - Für dir RichtigKM dD< durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Stabattanfpruch erlischt, wem» dar VrtrRAdrmch Klage einge-ogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkur» gerüt. dem bisher ausgedehnten Betrieb ihre Beschäftigung und ihr Brot fanden. Wieder wird — ebenso wie bei der Zu sammenlegung der Deutschen und der Diskontobank wie nach dem Niederbruch der Danatbank — eine „Rationali sierung" nach der Personalseite hin erfolgen. Zwar hat das Reich für die Zahlung von Abfindungen an abzu bauende Beamte und Angestellte 20 Millionen Mark zur Verfügung gestellt, aber die Bankenkrise frißt trotzdem die - Lebenskraft, den Arbeitswillen derer, die dem Abbau ver fallen. Und wir haben doch aus den vergangenen Jahren alle deutlich genug gelernt, daß die beste Rationalisierung zum wirtschaftlichen Fehlgriff wird, wenn sie eines vergißt oder niederftampft: den Menschen. Jnsolgedessen sollte auch diese Seile der „Bereinigung" und Rationalisierung unseres Großbankwesens unter weitestgehender Schonung der bisher in ihm tätigen Menschen vor sich gehen. lorencr Kreditmassen für notleidend gewordene oder zu- sammengebrochene Großbetriebe sitzenblieben. Für die Stützung und Erhaltung von Genossenschaftsbanken hat das Reich aber nur einen Fonds von ganzen 20 Millionen eingesetzt, über den es eine sehr „sparsame Hand" 9^.- Bekannt ist ja auch, daß die vom Reich gleichfalls gestutzten Sparkassen bereits mehr als ein Drittel des ihnen im Herbst vergangenen Jahres gewährten Kredits zuruckzuerstatten vermocht haben. Wenn also die „Bereinigung" des deutschen Großbank wesens, die Abschreibung der „faulen" Schuldner, die Zu- sammenlegung der Aktienkapitalien, das Abstoßen über bewerteter Effektenbestände usw. usw. letzten Endes orga- liUatoruch zu einer Bankenkonzentration führte, so tritt hierzu ja auch die zweite Notwendigkeit des icvarfen Unkostenabbaus. Sie trifft die Menschen, die in Aufgefrischte Großbanken. Vielleicht ist das, was die Reorganisation des deut schen Großbankwesens am meisten charakterisiert, nicht so sehr die Verschmelzung einzelner dieser Großbetriebe miteinander, so daß es jetzt neben der besonderen Zwecken dienenden Reichskredit-A.-G. und der überhaupt aus der Reorganisation herausgelassenen Berliner Handelsgesell schaft künftig nur noch drei Großbanken gibt. Erwähnenswert dabei ist die nun vollendete Großbanken- zentralisierung in der Reichshauptstadt, wodurch auch die letzte der fünf großen Provinzbanken des Westens, der Barmer Bankverein, gleichfalls der Aufsaugung verfallen ist. Charakteristisch ist vielmehr doch wohl vor allem, daß das Reich seinen eigenen Kredit und seine eigenen Mittel in schärfster Weise anspanni und einsetzt, um den Großbanken nach deren bilanzmäßiger „Bereinigung" die ersten Schritte auf dem — hoffentlich besseren — Wege in die Zukunft zu ermöglichen. Wenn man alles zu sammenrechnet, was das Reich direkt oder indirekt vom 13. Juli 1931, dem vielleicht schwärzesten Tage der deut schen Wirtschaftsgeschichte seit der Inflationszeit, an Bar mitteln und Krediten bis zum 22. Februar, dem Tage der Bankenreorganisation, aufgewendet hat und auf wendet, so kommt man dabei auf eine Summe von rund 800 Millionen Mark. Das ist fast genau soviel, wie die bisherigen und jetzt reorganisierten bzw. ge stützten Großbanken Berlins an — Aktienkapital auf gewiesen haben. Die „Krisenverluste" dieser Banken bei ihren Schuldnern betragen gemäß den nun veröffent- lichten Bilanzen etwa 700 Millionen. Jie große Aussprache im Reichstag. Um Reichspräsident und Reichskanzler. Wenn man die Straße unter den Linden entlang ging aus das Brandenburger Tor und damit den Reichstag zu, so sah man das für alle Reichstagserösfnungen typisch gewordene Bild: Absperrende Schupo, leere Mannschaftswagen uni, — hier und da auch ein paar Menschen, die nicht über mäßig eilig dem Reichstag zustreben und nur oberflächlich von den Schupobeamten kontrolliert werden. Sonst merkt man in der Innenstadt nichts davon, daß der Reichstag wieder einmal zu einer seiner selten gewordenen Sitzungsperioden zusammen tritt. Auch drinnen, im „Hohen Hause", herrscht zunächst Ruhe, soweit das bei dem Zusammenströmen der Hunderte von Abgeordneten und Tribünenbesuchern möglich ist. Das Haus ist überfüllt und als Präsident Loebe die Sitzung er öffnet, scheinen nur wenige Abgeordnete zu fehlen Denn im Saal und auf den Tribünen verspricht man sich allerhand da von, daß der nationalsozialistische Redner Dr. Goebbelsals erster in der Aussprache das Wort ergreifen soll. Denn, wenn seine Fraktion überhaupt im Reichstag anwesend war, dann begnügte sie sich bisher im allgemeinen mit der Abgabe einer formulierten Erklärung. Aber auch Dr. Goebbels spricht bei aller Polemik gegen die Politik der Regierung zunächst noch sachlich, spricht nur zu seiner Partei, wendet der Linken ganz augenfällig den Rücken, spricht hier und da auch nur zum Reichskanzler, der sich die Ausführungen des Redners mit unbewegtem Gesicht anhört. Fast ist alles erstaunt über diese Mäßigung des Redners. Doch langsam steigert der Redner seine Stimme und Angriffslust. Und als nun seine Ausführungen ganz in die Polemik gegen die Linke hinübergreifen, gibt es zunächst auch nur ein rednerisches Zwischenrufeturnier zwischen ganz links und ganz rechts. — das aber bald zum ganz lauten Krach wird Der Präsident ließ die feindlichen Heereshaufen eine Weile lang sich mit Drohungen und Beschimpfungen überhäufen. Als nun aber Goebbels die Ablehnung der Kandidatur Hindenburgs mit den Worten begründete: „Sage mir, mit wem du umgehst, und ich werde dir sagen, wer du bist" und im nächsten Augenblick davon spricht, daß unter den Sozialdemokraten sich Deserteure befinden, bricht ein ungeheurer Lärm los. Von hinten nach vorn massieren sich die Scharen der Abgeordneten. Vergeblich läutet Präsident Loebe unaufhörlich; er versucht, durch Ordnungsrufe gegen die sozialdemokratischen Abgeord neten die Ruhe wiederherzustellen, doch alles ist vergeblich. Die Sozialdemokraten verlangen Widerruf durch Goebbels und, als das nicht erfolgt, verhindern sie ihn durch Über schreien am Weitersprechen. Der Präsident vermag sich und das Haus nur durch Aushebung der Sitzung aus einer untragbar gewordenen Situation zu retten. Im neutralen Sitzungszimmer des Ältestenrates wird nun erst einmal sestgestellt, was Dr. Goebbels wirklich gesagt habe. Nach Wiedereröffnung der Sitzung erfährt man. daß im un- korrigierten Stenogramm der Rede zu lesen gewesen sei: Hin denburg werde gelobt von der Berliner Asphaltpresse, gelobt von der Partei der Deserteure. Wegen Beleidi - gung des Staatsoberhauptes wird nun Dr. Goebbels aus dem Saal gewiesen, was aber natur gemäß die an und sür sich schon brodelnde Erregung nur noch steigert. Es rasselt nur so von gegenseitigen Erklärungen, von Zwischenrufen und Beschimpfungen, und wenn irgendein Redner irgendeiner Partei — die Fraktionen der Mitte und die Sozialdemokratie schicken ihre Kriegsteilnehmer auf die Tribüne — sich bemerkbar zu machen sucht, so prallt er immer auf die unübertönbaren Zurufe und Massenchöre der anderen parteipolitischen Seite. Nicht mehr parlamentarisch wird hier gesprochen, sondern es waltet der „rauhe, aber herzliche Kriegerton". Denn auch die Nationalsozialisten sparen nicht mit Worten scharfer Ver teidigung für Dr. Goebbels. Sogar Pfeifen schrillen im Saal auf, als ein Redner der Sozialdemokratie gegen den Nationalsozialisten polemisiert, — bis dann endlich eine ver hältnismäßige Ruhe eintritt, weil nun endlich der zweite Redner in der Aussprache, ein Kommunist, zum Worte greift. Dr. Pr. Wie wird den Großbauten geholfen? Unser Schema soll in großen Zügen eine Übersicht über die komplizierten Finanzaktioncn geben, mii denen die Reichs regierung die schwach gewordenen Großbanken wieder auf die Beine stellen will. Man sieht auf der einen Sette die Neichskasse, und man sieht an den Pfeilen, wohin die ei ch s g § l d e r als Unterstützung gegeben wurden. Man der anderen Seite die Reichsbank, die auf oem Umweg über die Go l d d i s k o n t b a n k ihren großen Kunden unter die Arme greist. Das alles ist also eine Rettungsaktion der art g r o ß e n S1 i l e s daß sie auch noch beträchtlich die für die Zwecke der Agrar- und der Osthilfe eingesetzten Summen übertrifft. Sie geht aber auch noch beträchtlich hinaus über die zusätzlichen Kreditgarantien, die für die Finanzierung unserer Exporte nach Rußland eingesetzt, werden mutzten. Aber die Fehler, die die Großbanken selbst bei ihrem Geschäftsgebaren begangen haben und die mit dazu beitrugen, daß sie wankten oder gar stürzten, teilweise daher gestützt werden mußten, ist man sich mittlerweile klar genug geworden. Diese Fehler dürfen auch über der leider unbestreitbaren, so verhängnisvoll wirkenden Tatsache nicht vergessen werden, daß der Stoß der K r e d i t e n t z u g e durch das Ausland in Höhe von rund 3,o Milliarden ebenso wie die deutsche und die Weltwirtschaftskrise gerade den deutschen Großkredit- banken Stop um stoß versetzten. Die Reihe der begangenen Fehler, zu denen auch eine böse Ges chä stör ivalität zwischen den Großbanken selbst gehörte, hier noch einmal aufzuzählen sei aus dem Grunde vermieden, weil es jetzt vor allem aus das Morgen und übermorgen, weniger aber aus das Gestern und Vor gestern ankommt. Nur emes davon sei erwähnt, weil es damit in der Zukunft anders kommen muß. Diese Groß banken haben sich viel zu ausschließlich mit ihrer Kredit gewährung an die Großbetriebe gewandt, während der kleine und mittlere Unternehmer oder gar der kauf männische und gewerbliche Mittelstand oft laut, aber ver geblich nach Krediten von dieser Großbanksefte her schrie. Wiederholt haben Regierungsstellen aus das volkswirt schaftlich Verfehlte dieser Kreditpolitik, aus die falsche Kredltverteilung hingewiesen; jetzt besitzt das Reich direkt und indirekt Einfluß genug, um zu erzwingen, daß krcdit- andere Wege eingeschlagen werden. Es macht auch das Risiko der Kreditgewährung sehr viel geringer, wenn es sich auch auf größere Massen von wirtschaftlich Betrieb zusammengewachsener kleiner und verteilen kann. Die Mehrzahl der hat jedenfalls die Krise sehr viel begcr ulerstanden als die „Großen", die mit -Hunderten von ..Millionen jetzt „festgesrorcner", größtenteils aber ver- Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittag» 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstallen, Post- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ' Falle höherer Gewalt, ' Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Amprucb auf Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Da- Wilsdruffer Tageblatt ist da- zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtsbam>tmannk»„» ««richt- und de- Stadtral- zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und de- Finanzamt- Nr. 46 — 91. Jahrgang Vel.m.-Abr.: -Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden ———— -— -! —. Sitzungsbericht. 157. Sitzung.) 08. Ber 11 n, 23 Februar. Präsiden, Loebe eröffnete die Sitzung. Am Regie- rungsiisch haben Reichskanzler Dr. Brüning, Vizekanzler Dietrich und die Reichsminister Stegerwald, Groener, Joel, Schiele und Schlange Schöningen Platz genommen. Zunächst erfolgen die üblichen geschäftlichen Mitteilungen. Der kommunistische Abg. Torgler beschwert sich über vie polizeilichen Absperrmatznahmen, wodurch Abgeordnete beim Betreten des Haufes gehindert worden seien. Er beantragt bann soiortige Aufhebung dieser Absperrmaßnahmen und Entfernung bei Polizei aus dem Reichslagsgebäude. Da Widerspruch erfolgt, findet die so fortige Beratung des Antrages nicht statt. Als einziger Punkt steht aus der Tagesordnung die Be schlußfassung des Reichstages über den Wahltag für die Wahl des Reichspräsidenten. Damit ist verbunden die große innen- und außenpolitische Aus- spräche. Reichsminister Groener begründet den Vorschlag der Reichsregierung, als Wahltag für den ersten Wahlgang den 13 März und als Tag für einen eventuellen zweiten Wahlgang den 10. April sestzusetzen Da am 5. Mai die Amlsperiode des Reichspräsi denten abläuft, so müsse dann ein neugewählter Präsident zur Übernahme des Amtes vorhanden sein Nach den Aussührungs- bestimmungen des Wahlgesetzes sür den Reichspräsidenten sei eine Beschlußfassung des Reichstages über einen zweiten Wahlgang erst ersoroerlich, wenn dessen Notwendigkeit feststehe. Es empfehle sich aber schon jetzt, einen Eventualbeschluß über den Tag des zweiten Wahlganges sestzusetzen. Während der österlichen Zeit könne natürlich eine Wahl nicht ftatt- findcn. Daraus ergeben sich die beiden Wahltermine des 13. März und des 1V April. Die Neichsregierung werde dafür sorgen, daß die Wahl- Vorbereitungen ungestört vor sich gehen können. Allen Ver suchen, Wahlversammlungen durch gewalttätiges Vorgehen zu verhindern und dadurch die in der Verfassung garantierte Wahlsrciheil zu beeinträchtigen, werde auf das schärfste cnt- gcgengctreten werden. Als erster Redner zur Aussprache nimmt Abg. Or. Goebbels das Wort. Das hervorstechendste politische Merkmal der Ent wicklung in den letzten zwei Jahren sei der 14. September. Aus dem Verfall der bürgerlichen Parteien kristallisierte sich eine 6>L-Millionen-Armee der Nationalsozialisten. Statt sie an der Macht zu beteiligen, hat Reichskanzler Dr. Brüning erklärt, es bleibe beim alten Kurs; das sei eine Versälschung des Wahlergebnisses. Die Annahme, es handle sich beim Anwachsen der nationalsozialistischen Bewegung um eine kurze Fieberkurve, hat sich seitdem als trügerisch erwiesen. Nicht die Schuld der Nationalsozialisten sei es. daß der deutsche Kredit im Auslande ins Wanken gekommen sei (lebhafter Widerspruch links und im Zentrum). Das fei die Schuld der Regierung, die verhindert habe, daß die Natio nalsozialisten den Anteil an der Macht erhielten, den ihnen das Volk durch die Wahl zugesprochen habe. Der Redner umreißt die augenblicklich wirtschaftspolitische und außenpolitische Lage Deutschlands, die ein Bild grauenhafter Verwüstung biete. Die Notverordnungspolitil habe die Gesundheit des deutschen Volkes zerrüttet. Im Innern verschärfen sich die Gegensätze immer mehr und die Gefahr eines Bürgerkrieges wächst von Tag zu Tag. Auch in seiner Finanzpolitik habe der Reichskanzler völlig ver sagt Er wollte erst die Finanzen sanieren und dann die außenpolitischen Fragen in Angrifs nehmen. Das war von vornherein ein Fehlschluß. Die Finanzen sind in Unordnung, weil sie ewig durch die Tributpolitik bedroht werden. Man kann keine Außenpolitik betreiben, ohne ein geschloffenes, einiges und einsatzbereites Volk hinter sich zu haben. In der Außenpolitik habe die Reichsregierung eine katastrophale Niederlage nach der andern erlitten, weil ihr die Verbindung mit den breiten Massen des Volkes fehle. Wundert man sich, wenn Deutschland unter diesen Umständen vor der Welt jede Bündnissähigkeit verloren habe? Die Entwicklung seit der Machtübernahme des Reichskanzlers Brüning stelle das zwangsläufige Ergebnis der Antwort dar, die in Deutschland seit dem 9. November 1918 Platz gegriffen habe. Am 14. September 1930 erhielt das amt liche Deutschland für diese zwölfjährige Politik des Verfalls vom Volke die Quittung. Die Nationalsozialisten haben das Neckt.