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Können wohl selbst die geübtesten, geschicktesten Schauspieikünstler, Dichter, Schriftsteller, Red ner und Lehrer aller Art eine gründliche Theorie -der Deciamation ganz entbehren? (F ortseyun g.) NUN blos dem reinen, nicht dem heuchleri schen Herzen ein Echo aus unserm symvachetisirenden Herzen antwortet; da ferner nur das wahre Gefühl sich rn natürlichen Stimmt des vollen Herzens ausdrückt, in welchem solche Namrtöne auch ohne Worte dennoch Empfindungen erregen und oft beredter sind, als alle Worte, gleich der Zauberkraft musikalischer Töne, wel chen alle Worte zur blofcn Unterlage dienen, auf der die Gefühle weiter verfolgt und ausgcdrückt werden; da end lich bloS die innere Empfindung und Wahrheit der Rede zu unserm Herzen in angemessenen Tönen spricht, in wel chen daher (als in der wahren Ursprache der Menschheit, welche durch blos unwillkührliche Töne und Gebcrdcn -oder sinnliche Zeichen verständlicher und beredter ist, als alle schriftliche und mündlich kalte Wortsprache) auch alle Sympathie so unverkennbar liegt, daß nicht nur z. V- ein einziger Ton der Freude, oder der Traurigkeit m ein anderes zum harmonischen Einklänge gestimmtes Herz sogleich wiederhallt und das Gefühl bei dem ersten Vernehmen sich augenblicklich einander- wechselseitig ver steht, sondern selbst auch die Stimme der Thicre (ihr Freuden- und Klaggeschrei) unser Mitgefühl eben so wohl zur Theilnahmc aufruft, als die Stimme der Men schen, welche, wenn sie auS reinem Herzen kommt, auch von den Thicrcn verstanden wird und mit Leichtigkeit an das Her; unverdorbener Mitmenschen schlägt, deren Her zen, von gleicher teilnehmender Empfindung beseelt, nun auch in denselben Tönen erklingen, gleich einem musika lischen Instrumente, welches mit seinen Tönen einem andern sympathetisch entgegenhallt; so sind wir schon im täglichen Umgänge gewohnt, auS dem Tone des Reden den nicht nur auf seine wahre Meinung zurückzuschließen, nach welchem sich der Grad des Beifalls, oder des Mis- fallenS zugleich berechnen läßt, sondern auch theils den schmeichelhaftesten und hochgeschraubtesten Worten, wel che ohne den vollkommen wahren Ton der jedesmaligen Genpithsstimmung kein Mitgefühl zu erregen im Stande sind, theils den an sich gräßlichsten Drohungen ohne den hiezu paffenden Ton- und Geberdenausdruck wenigstens so lange keinen Glauben beizumeffen, sondern entweder die schönen leeren Worte und Versprechungen für bloS artige HöfiichkeitSbczeugunaen, oder die kalten Drohun gen für l.cre Worte eines PoltronS zu halten, bis der erstere seine glänzenden Worte und der zweite seine hoch geschraubten Drohungen durch den wahren Ton- und GeberdenauSdruck des Herzens unterstützt, ohne welche» sie in unserm Ohre ersterben und unS entweder empören, oder zum Lachen reizen, oder gar nicht zu unserm Her zen gelangen können- Wer hingegen seine Versprechungen, Lobeserhebun gen, oder Drohungen auch mit dem angemessenen Ton- und GeberdenauSdrucke unterstützt, dem werden wir, fest überzeugt, alles komme aus dem Herzen und sey voller Ernst, auch allen Glauben bcimessen und z. B- uns auf die Drohungen sogleich entfernen, ohne sie abzuwarten, wenn jemand mit Mund und Herz (im gehörigen Tou- und GeberdenauSdrucke) zugleich versicherte: „Er wäre