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Wochenblatt für Wilsdruff, Thkrand, Rossen, Sieberüehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Dtadtrath daselbst. vierteljährlicher PräinnncrationSpreiS 10 I!gr. — Insertionsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf.— Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. . 3-A. Ireitag, den 19. Zuni 1868. General-Verordnung an sämmtliche Kircheninspectionen, die Errichtung von Kirchen vorständen betreffend, vom 13. Juni 1868. Nach einer dem unterzeichneten Ministerium zugegangeneu Mittheilung sollen einzelne Kircheninspectionen beabsichtigen, die nach ß. 3 unter 2 der Kirchenvorstands- und Synodalordnung vom 30. März 1608 von ihnen im Einverständnis; mit den Vertretern der politischen Gemeinde provisorisch fcstzustellende Zahl der in den Kirchenvorstand eintrctenden weltlichen Mitglieder der Kirchengemeinde im Wege von Localvcrßandlungen mit den Vertretern der zu jeder Parochie gehörigen politischen Gemeinden zu bestimmen. Ein solches umständliches, mit Kosten und Zeitaufwand verbundenes Verfahren liegt durchaus nicht in der Absicht des, allenthalben die Vermeidung von Weiterungen anstrebenden Gesetzes und findet ebensowenig in den Vorschriften unter Pnnkt I. der Verordnung, die Einsetzung der Kirchenvorstände re. betr., vom 30. März 1868 seine Rechtfertigung. Die Kircheninspectionen werden daher, wie Man vorausfetzt und eventuell hiermit verordnet, den Vertretern der zu jeder Parochie gehörigen politischen Gemeinden und den vom politischen Gemeindcverbande cximirten Grundstücksbesitzern wegen des Zahlenverhältttisses ihrer. Vertretung im Kirchenvorstande zunächst schriftlich Vorschläge zu machen lind deren Erklärung hierüber zu erfordern haben. Nur in den sicherlich seltenen Fällen würde die Abhaltung einer Verhandlung mit den Gemeindevertretcrn und den cximirten Grundstücksbesitzern nicht zu umgehen sein, wenn diese über die gemachten Vorschläge sich nicht zu einigen vermöchten, oder ihres Orts die Abhaltung eines Lvcaltermins Seiten der Kircheninspection ausdrücklich beantragen sollten. Uebrjgens versteht es sich von selbst, daß die Kircheninspectionen bei der in Rede stehenden provisorischen Festsetzung den Wünschen der politischen Geineindevcrtretcr möglichst entsprechen werden. Dresden, am 13. Juni 1868. Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts. von Falkenstein. Hausmann. T a q e s q e s ch i ch t e. Am 15. d. Abends gegen o Ubr konnte sich in Dresden auf der Vogelwiese ein großes Unglück ereignen. Es producirte sich nämlich die herülmite'Seiltänzer'-^ Kolter und Weitzmann aus der Vogelwiese, wozu ein 80 Ellen hohes und 200 Ellen langes Dlmrmscll aufgespannt Ivar. Nachdem nun alle Vorsichtsmaßregeln im Betreff der "Spannung des Seiles getroffen worden waren, mich der Künstler sich bereits auf einer Leiter auf das Seil begeben hatte und eben im Begriff war, feinen halsbrecherischen Weg anzutrctcn, rill mit einem Male das Ankertau, welches an der hobelt Säule und am Boden befestigt war, so daß die Säule sich wie eine Ruthe bog und das Seil die Spannung verlor. Entsetzen durchbcbte alle Her- Kn, denn nur wenige Schritte durfte der Künstler bereits gethan ba den, so wurde er jetzt unrettbar in die Tiefe gestürzt. Glücklicher Weise tras dieser furchtbare Fall nicht ein; aber der Schreck war den Zuschauern doch ins Blut gegangen, daß sich die Massen ver stimmt auflösten. Am letzten Sonntag Nachmittag ist in Leipzig auf dem neuen fMedbofe, leicht verscharrt in einen Grabhügel, ein Kindesleichnam ü> einem Kistchen mit.Schiebedeckel gefunden worden. In Radeberg ist kürzlich ein Gasthof und Restaurant „Nord- ^Uischer Hof" eingcweiht worden, dessen Firma jedenfalls in Nord- dcutschfand oder mindestens im Königreiche Sachsen noch einzig da- llchen wird. Als der Besitzer seinen Gasthof taufte, meldete er dies dem Bundeskanzler Gras Bismarck, worauf ihm derselbe ein eigcn- dülidiges Schreiben zufertigte, welches nebst beifälligem Ausdruck über die neue Bezeichnung die Zusicherung enthielt, daß der Herr Gmdestanzler, falls er in die Gegend von Radeberg komme, seinen schot' im „Norddeutschen. Hof" machen werde. Wie die EoburgerFEbemnitzer, Glauchauer nnd andere Arbeiter- ^rcinc, so hat auch der Leipziger Arbeiterbildungsverein an den norddeutschen Reichstag eine Petition um Verwerfung des Gew^bc- isesetzentwurfs für den norddeutschen Bund gerichtet. Der Reichstag niöge nur einem von allen polizeilichen Maßregeln freien und Nus dem Princip der vollen Gewerbcfreiheit beruhenden Gesetz seine .Mimmung g"ben. Die gcsammte norddeutsche Armee ist in 366 Städten und Ort schaften garmsonirt. Die Belegung der Garnisonsvrte variirt zwi- scheu 15,000 uud 150 Mann. In Deutschland wird 1872 ein neues Maß uud Gewicht einge führt, das auf der Decimalrechnunq beruht. Der Reichstag hat es ve-" reits augeuommen, obgleich HerrÄccker auf die Russen, Engländer rc. warten wollte. So wird nun mancher die Decimalen, die er in sei ner Dorfschule geschwänzt hat, in der goßen Schule des Lebens ler- - nen müssen. Die „Krcuzztg." wendet sich gegen die Mitglieder der süddeutschen Fraction, welch? nicht aufhören Haß und Zwietracht gegen Preußen zu fchüreu. Das Blatt sagt u. a. : Nebriacns halten wir das Schimpfen der süddeutschen Blätter doch für ein Symptom, daß man weiß oder wenigstens ahnt, wie einer friedlichen Verständigung zwischen dem Norden nnd Süden Deutschlands ein dauerndes Hinderniß nicht mehr in den Weg gelegt werden kann. Die Gegner Preußens fühlen, daß 1 sie allmälig an Boden verlieren — und ovenn die Lampe verlischt, pflegt sie nicht eben Wohlgernche auszudufteu. Ueber seine in Berlin gemachten Erfahrungen und Beobachtungen sprach sich I)r. Völk in der ihm zu Ehren in Augsourg abg.'bcttl^ l Festvcrsammlung wie folgt aus: Es sei von einer demüthigen Untcp- ! werfnng unter den Norden keine Rede, eine solche werde nicht statt- ! finden; aber er habe sich überzeugt, daß sic im Norden gar nicht verlangt werde; inan ehre und erkenne dort die Süddeutschen als die Gleichberechtigten an, wenn auch die Thatsyche, daß sie nicht die gleich Starken seien, nicht binwegzuwiscben sei. Redner wies dabei n. a. aus das ausgeprägte Staatsbcwußtsein bin, das den Preußen inncwohne, welckws aber nur in einem großen Staate gedeihen könne; selbst bei der, heftigsten Opposition gegen die Regierung laste der Preuße seinen Staat nicht antasten, und es sei thöricht, zu glauben, j daß das Gerede von einer Zertbeilung dieses Staates auch nur den mindesten Anklang dvrtselbst finde; ferner auf deren Liebe zu ihrem Staat nnd ihrer Negentcnfamilie, weil jener eine große Geschichte habe, mit welcher diese innigst verwachsen; endlich auf den Freiheits drang, der auch den Preußen lebendig inncwohne. So sei Berlin eine durchaus demokratische Stadt und fühle sich nicht als Residenz stadt, wie gewisse andere, sondern aus eigenem Werthbewußtsein als Hauptstadt. Preußens Volk sei ein braves, ehrliches und vor Allem ein fleißiges Volk, das sich viele Theile des Südens zum Blust.r