Volltext Seite (XML)
22. Jahrgang ) als stellvertretender Vorsitzender der Zentrumsfraktion Paris unä ciie Rbeinlanclräumung. Neue Zwischenfälle im besetzten Gebiet, bet denen ruhige deutsche Passanten von angetrunkenen Besatzungssoldaten angegriffen und mißhandelt worden sind, haben erneut Ver anlassung gegeben, daß die Vertreter der polttscheu Parteien des Rheinlandes sich an einzelne Minister des Reichskabinet- tes mit der Bitte gewandt haben, die Räumungsverhandlun gen nach Möglichkeit zu beschleunigen, um der jetzigen Un sicherheit ein Ende zu bereiten. In Unterhandlungen des deutschen Rheinlandkommtsfars Lnngwerth von Simmern mit der Nheinlandlommtsston ist wiederholt die Forderung gestellt worden, für die Sicherheit der deutschen Bevölkerung in der Besntzungszone Sorge ju tragen. Auch setzt werden die neuen Zwischenfälle die Ver anlassung zu einer neuen. Vorstellung sein, bet der zugleich endlich die Lösung des Ordonnanzwesenö gefordert werden soll. Die Verhandlungen über die Umstellungen der Or donnanzen sind über die Prüfung der Vorschläge der Be- satzungsmächle und über die Gegenvorschläge der Reiche regierung noch immer nicht hinausgedichen. Die Verhand lungen über eine frühere Räumung der besetzten Gebiete lie gen jedoch nicht dem Nheinlandkoinmissar, sondern dem Neichsnnßenminister Dr. Strcsemann ob. Er hat sich in den letzten Tagen abwartend verhalten, um aus dem Duell Pviucare-Briand zu ersehen, ob die Stimmung der offiziellen Kreise in Frankreich jetzt für die Aufnahme solcher Verhand lungen günstig sei. Es wird in Negierungskreisen sehr be dauert, daß der französische Außenminister Briand sich mit der Vertagung der außenpolitischen Debatte einverstanden er klärte, und zu gleicher Zeit seine Zustimmung zu der Ver legung der Debatte aus der Kammer in den Senat gab. Briand hat damit Poincare die Entscheidungen der nächsten Zeit in die Hand gelegt, und es muß infolgedessen damit ge rechnet werden, daß vor der Negierungsneubildung in Deutsch land der französische Ministerpräsident sich nicht entschließen wird, die Debatte zu befürworten. Die Verhandlungen vver die Regierungsbildung in Deutschland hat Poincare einen guten Anlaß zur Vertagung der außenpoltischen Debatte im Parlament gegeben. Hierbei ist interessant, daß die Blätter der Richtung Poincare durchweg der Ueberzeugung sind, daß sie sich in nächster Zeit einer geschlossenen Front der Par teien in Deutschland gegenübersehen, wie auch immer daS Ge sicht des neuen Kabinetts aussähe. Nicht nur die Vertreter der bisherigen Regierungsparteien, sondcnr auch die großen Opposilionsgruppen von rechts und links haben eindringlich die Beseitigung des NesatzungSregtmes gefordert und dem Neichsauß nrminister ihre Unterstützung für den Kampf gegen die weitere Besatzung im Nheinlande zngesagt. Sollte jedoch ein Kabinett der bürgerlichen Parteien mit Einschluß der Deutschnationalen gebildet werden, so würde wahrscheinlich Poincare diese Tatsache für sich ausnutzen und neue Stimmung gegen Deutschland und die von Briand eingelettete Verstän digung machen. Im Auswärtigen Amt glaubt man jedoch, daß diese Versuche Brinnds auch nur von kurzer Dauer sein werden, da die Linie der deutschen Außenpolitik auch bet einer Teilnahme der Deutschnationalen sich in keinem Punkte ändern dürfte. Der wahre Grund der Poincaristischen Politik ist selbst verständlich der, daß sowohl die Militärkreise als auch die rechten ParlamnetsgrupPen sich unzweideutig gegen die frühere Räumung der besetzten Gebiete und gegen die Auf nahme von Verhandlungen über diesen Gegenstand ausge sprochen haben. Die französische Regierung wird aber zu den dauernden Zwischenfällen Im besetzten Gebiet, die, wie ein- wandfrei festgestellt worden Ist, stets durch Provokation von französischer Seite erfolgt^ Stellung nehmen müssen. Sie kann nicht über die deutschen Beschwerden einfach zur TageS- ordnung übergehen und wird entweder die BesatzungStruPpen anweisen, mehr Zurückhaltung in der Besatzungszone zu üben und derartige Vorkommnisse mit schweren Strafen belegen müssen, oder aber dazu übergehen müssen, die Besatzungs truppen zurückzuziehen. Curtius Versuche mdgüttig gescheitert. Das Zentrum schlagt ei r Kabinett der Mitte vor. -Überzeichnet ist der Brief von Herrn v. Guerard des Reichstage-. "" Curtius berichtet üem Nelchspräsiüenten. Berlin, 14. Januar. Amtlich. Reichsmiuister Dr. Cuetius berichtete heute abend dem Herrn Reichspräsidenten über die durch das Schreiben des Vorsitzenden der Zentrums» sraktion an Ihn geschaffene Lage und erklärt«, daß damit sein Versuch der Bildung einer Mchrheitsrcgierung unter Zn- ziehnug der Dentschnationalen gescheitert sei. Der Herr Reichspräsident behielt sich seine weitere Entschließung noch vor. Wie MTB. ans parlamentarischen Kreisen erführt, ist der Fraltiondvvrstand der Deutschen Bolkspartei für Montag vormittag zu einer Sitzung zusammenbernsen worden, in der er zu der neugeschaffenen Lage Stellung nehmen wird. Im Reichstag verlautet, daß nach Ans- snsfnng der Deutschen Bolkspartei und nach dem.Ab- schlnst der ersten Phase der Verhandlungen über die Re gierungsbildung die große Koalition oder eine Koali tion der Mitte mit Bindung nach links nicht in Frage kommt. Vie -eutsch-feonMschen verhtmülungen. Baris, 14. Jan. Bei der heutigen Unterredung mit General Paradier überreichten General v. Pawelß i,„d Geheimrat Forster, wie Havas mtttetlt, fchrift ich niedernclegte Bvrfchlüge, die Von de,n alliierten mili tärischen Sachverständigen eingehend geprüft würden. Sie seien pevettS jetzt der Ansicht, daß sie eine Ber- haudtungsvasfs bilden könnten. Hava» berichtet ferner, wa» da« Problem der Herstellung von Krieg-material betreffe, so wiesest die f:ir die Botschssterkonferenz au» Berlin etngötrofsrnen Nachrichten darauf hin, daß die Brsprrchunüc- u^stiü f-r-tschreiien. Ergänzende Auf. iLT^v Märtet. pressestkmmen. Die Entscheidung liegt nunmehr beim Reichspräsi denten - das ist das Gemeinsame an den Kommentaren der Blätter M der Entwicklung des gestrigen Tages. Daß die Mission Dr. CurtiuS', was seine Person an belangt, als erledigt gelten kann, kommt in fast allen Blättern zum Ausdruck, während der Erfolg seiner Be mühungen in sachlicher Beziehung pon den Blättern verschieden beurteilt wird. Die „Deutsche Tagesztg." schreibt, daß der Auftrag des Reichspräsidenten an Tr. CurtiuS, eine sachliche Einigung zwischen der Rechten und der Mitte herbeizuführen, nicht gescheitert sei. Di« Teutschnationalcn haben niemals ihre Bereitschaft zur Mitarbeit nach sträflicher Einigung verweigert. Sie wer den cs auch unter anderer Führung nicht tun, wenn die Basis die gleiche bleibt. Der „Lokalanzeigcr", der die Betrauung eines ZentrumSmanncS durch den Reichs präsidenten für das wahrscheinliche hält, nennt die Na men Ctegerwald, Dr. Brauns und ^v. Guerard. Die „Tägliche Rundschau" glaubt über die Haltung der Deut schen Volkspartei sagen zu können: Mau kann sicher sein, daß der am Montag zusammentrctende FraktionSvov- staud den Gedanken der großen Koalition ebenso ab lehnen wird wie den Gedanken einer Koalition der Mitte mit Bindung nach links. Sollte im weiteren Verlaus der Ereignisse das Bestreben zutage treten, die.Ent wicklung nach dieser Richtung zu drängen, so würde dir NcichStagSfraktiou der Deutschen Bolkspartei ihr sicher Widerstand leisten. Die „Germania" kommentiert den Brie? des Fraltiousvorstandcs des Zentrum-, in dem ein /kabinctt der Mitte als das erstrebenswerte bezeich net wird, dahin, daß sich ein solches Kabinett, das eine Minderheitsregicrung sein würde, nur an die Sozial demokratie aulchnen könnte, da dis Deutschuationalen mehrfach zum Ausdruck gebracht hätten, daß sie ein Ka binett der Mitte nicht dulden würden. Tie demokrati schen Blätter halten es nach Lage der Dinge für das gegebene, daß ein Mitglied der Zentrumspartei mit der Kabinettsbildung beauftragt wird. Nach Ansicht des „Berliner Tageblattes" könne ein solches Kabinett unter Zentrumsführung nur ein Mtnderhettskabinctl sein, das Anlehnung nach links suchen müsse. Der „Vor wärts" äußert sich: Selbst wenn sich die Soztaldemv- kratie zur Unterstützung eines solchen KabinetteS ent schließen könnte, müßte sie diesen Entschluß von der Zusammensetzung dieses KabinetteS und von seinem Programm abhängig machen. «suchen Sie I»t h« Borsteist lirOrlglnat zu hab« Englanös ZlottemMungen. Loudon, Itt. Januar. Dao Budget der englischen Admiralität für W27/2», dos nunmehr festgelegt ist, wird nlleu- Voraussicht nach die VorjahrSsumme von Iw wo voo Pfund überschreiten, da neben den bereit- im Bau befind- licheu Schissen drei neue Kreuzer, neun Zerstörer und sechs Unter,eebaote in Angriff genommen Eden sollen. Im V°r lauf van sieben Jahren bis Ende UM gibt Cnlllanbnlch wniger al« N4 Millionen Pfund Kr'e^ übiffe au« und erreicht so den Jahresdurchschnitt von »wumm Pfund Sterling allein für KriegsscbiffueUbautcn. Der Ae- sa utaufwaud für Neubauten einschließlich der Brests im Bau u nd chen Schiffe wird 1O72lilM Pfund erreichen. Ein- «7« Nnm«- NM/-S In,d°« -NH' N-M" »-"'N SM- Md I-II I«d» «nM» «nd u. Ichvn. n durch «li». Vu««n mit «rltch «» n SI« «bin d«n e«it«i» !onitrul«rt«n Berlin, 15. Jan. Die Aussprache zwischen T , und^"v',' "c? T*' Curtius auf der einen, Stegcrwai >' Tou^to / « ^-r anderen Sette, hatte a> c Tounkkotag nicht das erwartete Ergebnis, den bisher - keiner ^v» d" Llu-sicht-lvsigke t Dr Ci rti^ ^^c^^ "^wugvn, vielmehr e.npsin I 7 deulschuatiouale Abordnung V L ndei Abgeordneten Wcstqrp, Wallraf, v. Liudci- in der Wiloencm und Trevirnuuö. Curtius schreibt an Has Zentrum. n-n.^n. e'upfi"ll daun auch am Nachmittag neuerlich die Führer des Zentrums. Gleichzeitig aber richtete er au den Fraktivnöbvrstand des Zentrums ein Schunden, in dem er seiner Auffassung Anödruck gibt, oaj! er nach vsn Erklärungen der Deutschuationalen ihn: gegenüber die Möglichkeit einer Fortsetzung ber ck er.Handlungen über ein Mehrheitskabtuett mit Ein sthius, ber Teutfchnativnalen sehe. Er sei bereit, wenn bas Zentrum sich einverstanden erklärt, diese Verhand lungen weiter zu führen, nicht etwa als Kanzlerkandidat -- er Persönlich würde nicht an die Spitze eines solchen Kabinetts treten wollen — sondern gewissermaßen in der Eigenschaft eines homo regius des Netchsprüsiden- Die Neichötagsfraktiou und der Vorstand des Zen trums sind um l> Uhr abends zusammengetrcten, um zu diesem Brief des Tr. Curtius Stellung zu nehmen. Am Nachmittag har außerdem eine aus die Kabinetts bildung bezügliche Aussprache zwischen dem Neichs- ranzler Dr. Marr und dem Neichsaußenmiirister Tr. Streseinaun statigefnndcii. Wie WTV. aus dem Reichstag erfährt, ist der we sentliche Inhalt des Briefes, den Tr. CurtiuS an Dr. von Guerard geschrieben Heck, und auf den sich dieser in seiner inzwischen veröffentlichten Antwort bezieht, fol gender: Tr. Curtius skizziert auf der Grundlage der Verhandlungen mit den Vertretern der ZeutrumSfrak- tiou auf ber einen, der Deutschuationalen Bolkspartei auf der arideren Seite für diejenigen Fragen, die den Hnuptgegenftand dieser Besprechungen bildeten, Richt linien für ein Koalitivusregierungsprogramm. Er drückt bann die Annahme aus, daß die Tcutschnationale Vvlkspartei diese Richtlinien als eine geeignete Grund lage für Verhandlungen Uber ein vollständiges Pro gramm akzeptieren würde und bittet die Zcntrumsfrak- tivn, ihrerseits zu erklären, ob sie bereit sei, diese Grundlage für weitere Verhandlungen anzunehmen. Schließlich erklärt Tr. Curtius zur .Beseitigung eines Mißverständnisses, daß er zunächst nur die Aufgabe über nommen habe, sachliche Verhandlungen zum Zwecke der Bildung einer Koalition zu führen, und daß nach sei ner Auffassung bei sachlicher Einigung das Zustande kommen der geplanten neuen Negierung nicht an der Frage der Führung scheitern dürfe. Das habe er dem Herrn Reichspräsidenten gegenüber auch bereits vor der Entgegennahme des Auftrages wiederholt betont. Vie Antwort öeo Zentrums. Berlin, 14. Jan- Die ZentrumSfraktion des Reichstages hat heule nachmittag nach kaum einstüu. diger Sitzung als Niederschlag der Beratungen der Fraktion folgendes Schreiben an NelchöwlrtschaftSml- uister Tr. Curtius gerichtet: „Sehr verehrter Herr Minister! Ich bestätige dankend den Empfang Ihres Schrei bens vom >4. Januar dieses Jahres. Dasselbe ist Gegenstand eingehender Würdigung gewesen. Aus diesem Schreiben haben wir ersehen, daß Sie, Herr Minister, lediglich die Ausgabe übernommen haben, sachliche Verhandlungen zum Zwecke der Herbeifüh rung einer Koalition zn führen. Unter den gegenwärtigen politischen Verhält- nlsieu unterliegt die von Ihnen beabsichtigte Regte, rungsblldung sür un« nach wie vor den schweren Be- denken die Ihnen von unseren Beauftragten und auch n»m-n« nnU v-rrn P°-'-Id»-II«-nd-» rr. Mnr« deut nlnsn'nnNnIsi-r Tv. Stc-s-mann darg-l-gi w° d° I n " M >-n d-n d-r MU>nn° 'L mLunn MM- nach «'M M den neaebenen Weg zur Beilegung der Krise. AM könnend« daher von einer Fortführung Kandluncken äuf der Grundlage Ihre» Sch"tven» Ä» »Ul di! Au« Tageblatt -E?- /lnzeiger für öas Erzgebirge — -nch°.,-n» »,. nmMchnn s°knnn.mnchun,°n »-, n°<°° »-- «... UN» »--^--W-,n.. — Sonntag» äen 16. Januar 1927