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»dmUrAgeblait Aaftonale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nassen behördlicherseits bestimmte Blatt. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V R^ichs- pfeuuig, die 3 gespaltene Redlamezeile im tätlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Aeichspfenuigv. Vvr- aeschriedeneLrscheinungs- tage und Platzvo^chirifte» werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige»- annahme bis varm.10Uhr. —-———> " > Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigeu übernehmen wir keine Garantie. Jeder Aabattanspruch erlischt, wem» derBetragdmch Klage Ungezogen «erden mutz oder derAuftraggeber in Konkurs gerät. 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Oft genug ist in letzter Zeit betont worden, daß für eine Revision der deutschen Zahlungsverpflichtungen vor allem ein Entgegenkommen der Vereinigten Staaten, also des „Weltgläubigcrs", erfolgen müßte, — aber jedesmal ist energisch vom Schatzamt in Washington abgewinkt worden. Dabei war vor allem maßgebend, daß diese deutschen Zahlungen, auch soweit sie erst noch über London und Paris gehen, insgesamt zur Verzinsung und Amorti sation auch der inneren Kriegsschulden der Vereinigten Staaten dienen, also der Anleihen, die von der Union bei ihren eigenen Bürgern für Kriegszwecke ausgenommen wurden. Würden den europäischen Staaten die an Amerika abzuführenden Zahlungen ermäßigt oder gar gestundet werden, so müßten die amerikanischen Bürger mehr Steuern zwecks Verzinsung der inneren Anleihen zahlen. Ann geht - leider nicht in Deutschland — eineArt Zucken durch die Welt dieser inneren A n - leihe,,. sie fangen an. reif zu werden für die „Konver- üerung", also für die Festsetzung eines niedri- rcn Zinsfußes als bisher. Frankreich ist ja 'Hon „„v benutzt für diese Konvertierung den Er- ^ag der ersten Young-Anleihe. Nun wird auch Amerika Mü schreiten, solche Konvertierung wenigstens für einen seiner inneren Anleihen durchzuführen, und zwar in Hohe von acht Milliarden Dollar um vielleicht 0,5 bis 1,3 Prozent des Zinsfußes, was eine Herabsetzung der Zinssumme um einen Betrag von etwa 380 Millionen Mark bedeuten würde. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt dem Kongreß vor; hoffen wir, daß er angenommen wird. Denn eine solche Absicht, alle Schulden zu „konver tieren", also zu erklären, man wolle w e n i g e r Z i n s e n bezahlen, und wenn ein Gläubiger damit nicht einver standen sei, könne er sein Geld Wiederkriegen, ist immer ein Zeichen finanzieller Kraft und Zuversicht des beweisenden Stantes. Und eine derartige Zuversicht wnucn wir jetzt, in der Zeit des wcltkrisenhaftcn Pessi- mtsmus', nur allzusehr gebrauchen. Des weiteren ist ein solcher ^onvertiernngsplau nur möglich, wenn die allge meine Tendenz des Zinsniveaus für langfristige Anleihen eine „schwache" geworden ist, also anfängt abzubröckeln, sich zu senken. Daß dies auch tatsächlich der Fall ist, braucht man nicht als Überraschung zu bezeichnen, denn in einer Weltkrise kommt infolge der Stagnation und daher auch des geringen Industriebedarfs an Anleihekredit naturnotwendig doch einmal der Augenblick, von dem ab dieser Kredit ,^aus die Suche" geht. Und so ganz ohne Rückwirkung bleiben auf ihn die niedrigen Zinssätze des Geldmarktes auch nicht. So wichtig diese beiden eben gezeichneten Punkte sind, — sie sind doch für uns Deutsche an dem Konvertie- NtNgsplan Amerikas das wichtigste. Es öffnet sich ein Sanz,ganzleichter Hoffnungsschimmer am Horizont, daß dieser Entschluß Amerikas vielleicht einen gewissen Einfluß auf die Höhe des Zinsniveaus und der Amortisation, also der Jahreszahlungen haben kann, die von den Alliierten an Amerika zwecks Tilgung ihrer Schulden zu leisten sind und die bekanntlich voll in den Young-Plan hineinverarbeitet wurden. Von 1965 an sind diese Zahlungen der ganze Inhalt unserer Jahresver- pflichtungen und es ist im Plan selbst gesagt, daß ein amerllanlkcher Schuldennachlaß uns erst zum größeren Teil uno nach jenem Jahr restlos zugute kommen würde. Wenn asto die Herabsetzung der Zinssätze für die inneren amerikanischen Anleihen erfolgt und wenn sie aus die Zinshöhe der interalliierten Schulden weiter- wtrkt, dann stt ein merkbares Sinken der deutschen Zah lungsverpflichtungen die notwendige Folge. Stellen doch m diesen ZWnn?sverpftjch,ungen'des Young-Planes die „belgischen Markschulden", die Zinslast für die Dawes- Anleihe und die KriegsschädeiFjigung alles zusammen nur Posten dar, die durch die Höhe des übrigen, also des die interalliierten Schulden deckenden Teiles weit über troffen wird. Aber noch steht das alles »ich, fM dürfen wir vorerst nur hoffen. Im übrigen ist der amerikanische Konver- tiernngsplan auch "ur die Schlußfolgerung aus der welt wirtschaftlichen Tatsache, daß der Werltes Goldes beträchtlich gestiegen oder richtiger ausgedrückt, daß die Warenpreise, am Goldwert gemessen, recht erheb lich gesunken sind. Infolgedessen ist auch der Goldwert der deutschen Zahlungsverpflichtungen etwa um 15—20 Prozent gestiegen und keine Goldklausel wie noch im Dawes-Plan schützt uns vor dieser für uns sehr unerfreu lichen Entwicklung, die überhaupt der allererste Gegenstand des deutschen Nevis, „ns- hegchrens sein müßte. Eine „Konvertierung" der interalliierten Schulden wäre also ein gewisser Ausgleich. Wann der amerikanische Gesetzentwurf über die innere Konvertierung den Kongreß in Washington passier, und wann er vor allem durchgeführt wird, ist Sache eines günstigen Augenblicks, ist Sache der Zukunft, — aber hoffentlich einer recht baldigen Erfüllung. Ein Schaf für SO Pfennig. In Queenslanv <Ausstralten) werden jetzt die I* Stück verlaust infolge des MMMremMlWWMtrWt „Ser PreHsche Landtag ist aasznlösen." Der Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten, hat in einem Schreiben an den preußischen Minister des Innern, Severing, beantragt, gemäß Artikel 6 Abs. 1 Ziffer 3 der Verfassung des Freistaates Preußen und gemäß 8 2 des Gesetzes über das Verfahren beim Volksbegehren unv Volksentscheid vom 8. Januar 1926 die Listenauslegung für das folgende Volksbegehren zuzulafsen: „Der am 20. Mai 1928 gewühlte Landtag ist aufzulösen." In dem Schreiben heißt es u. a.: Der Vorstand des Stahlhelm hat beschlossen, ein Volksbegehren auf Auf lösung des Preußischen Landtags einzubringen, um aus diesem Wege eine Regierung zu ermöglichen, die dem Volkswillen entspricht. Am 5. Oktober 1930, dem Reichs frontsoldatentag in Koblenz, haben die über 140 000 dort erschienenen Mitglieder des Stahlhelm diesem Beschluß einstimmig begeistert zugestimmt. Ta sich aus den vor genannten Tatsachen und der allgemein bekannt gewor denen Bestätigung des Stahlhelm die erforderliche Glaub haftmachung der Unterstützung durch 100 000 Stimm berechtigte einwandfrei ergibt, bedarf es der Beibrin gung weiterer Unterschriften nicht. Tas Schreiben ist ge zeichnet von den beiden Bundessührern Seldte und Duesterberg. * Wie der Bundesführer des Stahlhelms in einer Pressekon ferenz erklärte, geht der Stahlhelm aus eigener Initiative und ohne eine anderweitige Organisation in dieses Volksbegehren hinein. Es hat sich also nicht, wie beim vorigen Volksbegehren, vorher ein Reichsaus'chuß oder etwas ähnliches gebildet. Vielmehr will der Stahlhelm nur den Anstob geben und hofft, daß alle an der Auflösung Les preußischen Par laments und am Sturz der roten Preußenregierung interessierten politischen Kräfte sich dem Volksbegehren anschließen werden. Volksbegehren und Volksentscheid sollen nach den Be rechnungen des Stahlhelms bis Pätestens in 21 bis 29 Wochen, also etwa in sieben Monaten, durchgeführt sein, vc>r<rnkgescßt, daß sich die preußische Negierung nicht durch alle möglichen Schliche den klaren preußischen Versaflungsdestimmun- gen entzieht und so ein Verzögern der Aktion veranlaßt. Es wird darauf ankommen, welche Front sich in Preußen für dieses Volksbegehren einsetzt. Zweifellos werden die Deutschnationale» und die LanLvolkpartei, sicherlich aber auch die Wirtschaftspaktes mit von der Partei sein. Roch nicht ganz geklärt ist es, wie sich die Nationalsozialisten verhalten werden, doch ist wohl kaum an zunehmen, daß sie sich nur deshalb, weil die Aktion nicht von ihnen ausgeht und nicht von ihnen geführt wird, der Teilnahme entziehen. Ein Fragezeichen schwebt wohl nur über der Haltung der Kommunistischen Partei. Auch die Kommunisten in Preußen haben, wenn man die parlamentarische Lage ganz objektiv be trachtet, ein Interesse an baldigen Neuwahlen. Die Kommuni sten hoffen bekanntlich, die Schwäche der Sozialdemokraten weitgehend für ihre Zwecke ausnutzen zu können. Es wäre also von ihnen nur konsequent, wenn sie sich an dem Volksbegehren aktiv beteiligten. Auf der anderen Seite fürchten natürlich die Kommunisten, sie würden in einem in Zukunft rechtsregierte» Preußen schlechte Tage bekommen. Vielleicht lehnen sie es über haupt grundsätzlich ab, in einer Front mit den Parteien zu mar schieren, die im Grunde ihre unerbittlichsten Gegner sind. — In den nächsten Tagen wird sich die Front der Teilnehmer am Volksbegehren vermutlich bereits klären. Sturmzeichen Staatsmacht und Arbeitslöhne. Der Reichsarbeitsminister zum Lohnabbau. Im Reichstag ging es schon etwas temperamentvoller zu als am Vortage. Zwar nicht ote Geister, wohl aber die Stimmen platzten auseinander. Ab und zu mutzte der Lautsprecher eingeschaltet werden, unv allmählich begannen auch die Ordnungsrufe vom Sitz des Präsidenten herntederzu- lräuseln. Schließlich sind ja auch Lohnabbau und Wirtschasts- not, Stillegungen und Schlichtung drohender Arbeitskämpfc eine Reihe von Fragen, die nur den einen Nachteil haben, daß man sie von keiner Seite her mehr in ein originelles Licht stellen kann. Denn man hat alles schon so oft gehört, was jetzt von der Tribüne des Reichstages noch ein paarmal wieder holt wurde. Die bekannte „dritte" Notverordnung hat im Ar- beitskampf der Bergarbeiter ein grundsätzlich neues Schlichtungsverfahren eingeführi, und diese Ver ordnung, die man dem Sozialpolitischen Ausschuß überweisen will, gab für die Redner den oratorischen Absprung ab. Erst sochten die Kommunisten und die Sozialdemokraten miteinander, dann vereinigten sich die rechte und dre linke Flügelpariei zu teilweise stürmischer Kritik, zu heftigen Zwischenrufen bei der Rede des Reichsarbeitsministers. Be merkenswert war an dieser Rede die Erklärung, daß, um der Wirtschaft zu Helsen, man an derLohnherabsetzung zwecks Kostensenkung nicht vorbeikomme. Zum Schluß seiner Ausführungen wies der Minister noch in schärfster Weise den Vorwurf zurück, es sei auf dem Gebiet der Preis senkung nichts geschehen; der Preisabbau erstrecke sich viel mehr nicht bloß auf die Gütererzcugung, sondern umsasse auch eine ganze Anzahl Dinge des täglichen Lebens. Nach der Rede des Ministers gingen die Wogen der Diskussion beträchtlich höher, denn nun kam die Opposi tion zum Wort. Bald zctgten diese Wogen infolge der nun einsetzenden Zwischenrufe kräftige Schaumkämme, die das Herannahen von Stürmen in den nun kommenden Sitzungen, anzeigten. * Sitzungsbericht. (16. Sitzung.) 68. Berlin, 4. Februar. In der Sitzung wurden zunächst kommunistische Anträge auf Aufhebung der Schlichtungsverordnung des Reichspräsidenten und sozialdemokratische und kommunistische Interpellationen über die Lohnsenkungsaktton der Reichsregieruna beraten. Bei der Rede des sozialdemokratischen Abgeordneten Limbartz kommt cs zu Zusammenstößen mit kommunistischen und nationalsozialistischen Zwischenrufern, weil der Redner eine Fortführung der bisherigen Außen politik der Verständigung verlangt. Sehr scharf erklärt sich der Redner gegen den wilden Streik, der anläßlich des Lohnabbaues tm Ruhrrevier erfolgt sei. Ihm entgegnet daraus in längeren Ausführungen der Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald. Angesichts der Tatsachen komme man nm einen allgemeinen Lohnabbau nicht herum. Allerdings dürfe man auch nicht glauben, daß alle Erleichte rungen für vte Wirtschaft nur von dieser Seite her zu erwarten seien. Auf nationalsozialistische Zurufe „Y o u n g- P la n!" entgegnete der Minister, die Debatte darüber,ei schon so abgedroschen, daß man nicht immer wieder daraus zurückkommcn sollte. Denn der Krieg habe in unserer Wirtschaft so große Werte ver nichtet, daß sie auch ohne den Young-Plan eine schwere Krise durchzumachcn hätte. Es sei ganz unmöglich, in den verschiedenen Industrien und Berufszweigen durch die Staatsmacht die Löhne auf der bisherigen Höhe zu erhalten. Denn bei der großen Arbeits losigkeit zerschlage man dadurch politisch und sozial mehr, als man wirtschaftlich aufbaucn könne. Daher werde die Staatsmachi in den Lohnkämpscn nur ausglecchcnd wirken. Eine Aufrechterhaltung der bisherigen Löhne würde nur zu Stillegungen führen und die Lage der Arbeiter schaft insolgedessen nur noch verschlechtern Zum Schluß bittet der Minister, die Anträge wegen der Aufhebung der Schlichtungsordnung an den zuständigen Ausschuß zu über weisen. Nach weiteren persönlichen Auseinandersetzungen, die wieder zu großem Lärm im Hause führen und ein energisches Eingreisen des Präsidenten ver anlaßten, wurde die Notverordnung dem Sozialpolitischen Ausschuß überwiesen. Ein Bericht über die Verbilligung von Frisch fleisch für die minderbemittelte Bevölkerung wird nach heftigen Zusammenstößen zwischen Flügelparieien und Mitte vorläufig znrückgestellt. Abg. Adena (Dm.) bezeichnete es als einen unerträglichen Zustand, daß die Reichsregterung immer nur mit Notver ordnungen arbeiten wolle; das dürfe ganz besonders nicht bei den Lohnfragen geschehen. Abg. Stürz (Nationalsoz.) wandle sich gegen das System der Schiedssprüche im Westen die jetzi meist zuungunsten der Arbeitnehmer ausfallen Durch scharfe Zurufe von kommu nistischer Seite gereizt, wendet er sich zur Linken und macht ihr schwere Vorwürse über das Verhalten ihrer Anhänger bei dem wilden Bergarbeitcrstreik. Regierung und Solksvattei einig. Die Vereinbarungen zwischen Reichskanzler und Deutsch«: Volkspartei. Über das Ergebnis der Verhandlungen, die am 3. und 4. Februar zwischen dem Reichskanzler Dr. Brüning und dem Reichsfinanzminister Dietrich einerseits und der Neichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei, vertreten durch ihren Vorsitzenden, Abg. Dingeldey, und dem Etatsrefe- renten Dr. Cremer andererseits stattgcfunden haben, wird im Einvernehmen mit dem Reichskanzler folgendes mitgeteilt: 1. Welche Einnahmeaussälle infolge der Einflüsse dar allgemeinen Wirtschaftsverhältnisfe gegenüber den Etats- ansätzen cintreten können, läßt sich heute mit voller Sicherheit endgültig nicht übersehen. 2. D*r Reichskanzler und der Reichsfinanzminister find entsprechend ihren früheren Erklärungen mit der Reichstags