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MM' Airs Sachten. Wilsdruff, den 24. März. Expräsident Castro hat gestern vormittag 10 Uhr 34 Min. Dresden wieder verlafsen. Ueber den Auf enthalt in Dresden hat sich der General sehr lobend ausgesprochen und der Direktion des Hotels Bellevue seine besondere Anerkennung gezollt. General Castro hat sich zunächst nach Köln begeben. Von dort erfolgt die Weiterreise nach Paris, wo mehrtägiger Aufenthalt ge nommen wird. Dann fährt General Castro nach Bordeaux, um sich eventuell von dort nach Venezuela einzuschiffen. Ein neues Theaterprojekt ist in den letzten Tagen in Dresden wieder aufgetaucht und diesmal scheint es tatsächlich, als ob aus der Sache etwas werden könnte. Die Vorbereitungen der ganzen Angelegenheit sind sehr geheimnisvoll betrieben worden, obwohl ein eigentlicher Grund hierzu wohl nicht vorgelegen hat. Das Material des Planes ist nur den Vertretern von drei Dresdner Zeitungen übergeben worden und durfte nicht vor Sonn tag früh veröffentlicht werden. Die übrigen Zeitungen und die auswärtige Presse wurden überhaupt nicht informiert. Zur Verwirklichung des Planes wurde vor gestern mittag im Ratssitzungssaale unter dem Vorsitz des Herrn Oberbürgermeisters Beutler ein Dresdner Theaterverein begründet, der sich hauptsächlich aus Ver tretern der Dresdner Bankinstitute, der Großindustrie usw. zusammensetzt und der die notwendigen Mittel für den Bau dieses neuen Schauspielhauses aufbringen soll. Das Theatergebäude soll auf dem seit längerer Zeit wüst daliegenden Platze an der Ecke der Zwingerstraße und der Ostra-Allee errichtet werden, welcher der Stadt Dresden gehört. Er ist mit rund einer Million Mark bewertet, doch will die Stadtgemeinde den Platz dem neuen Verein für 500000 Mark überlassen. Die Bau kosten sollen durch Anteilscheine aufgebracht werden, die mit 3 Prozent verzinst und mit 1'/z Prozent ausgelost und zurückgezahlt werden sollen. Das Theater soll für 75000 Mark jährlich an die Königliche Zivilliste verpachtet werden und schließlich in das Eigentum der Krone übergehen. Ausstellung eines deutschen Flugapparate im Aus-! stellungspalast zu Dresden. Vorwärts ist die Losung! der Zeit! Vorwärts auf allen Gebieten, auch auf dem^ der Eroberung der Luft. Ein harter Wettstreit ist ent-! brannt zwischen den beiden Gattungen von Luftfahrzeugen,! denen nach dem Prinzip „leichter als Lust" (Luftschiffen) und denen „schwerer als Lust" (Flugapparaten). Ob gleich die Luftschiffe zurzeit weiter entwickelt sind als die Flugapparate, so dürfte die Zeit doch nicht mehr fern sein, wo die letzteren endgültig den Sieg über die ersteren davontragen Die Flugavparate sind durch ihre geringeren Größenverhältnisse sowohl, als auch durch ihre Unab-« hängigkeit von Gas- und anderen Füllstoffen, sowie durch« große Billigkeit geradezu prädistiniert, für gewisse Zwecke das Luftfahrzeug „pur exellence" zu werden Von Montag an hat der Sächsische Verein für Luftschiffahrt im Konzertsaale des Städtischen Ausstellungspalastes Auf dunklen Mesen. 1^j Roman von E. Wagner. Nachdruck verbalen. 1. Kapitel. Anter griechischen Manditen. Griechenland mit seinen Naturschönheiten und zahl reichen Denkmälern hoher Kultur, auf deren Spitze eine durch innere Zerwürfnisse und fremde Einflüsse herunter gekommene Nation einst stand, ist eines der Hauptziele englischer Touristen, und die Gefahren, welche das Reisen in diesem Lande durch das Räuberunwesen, welches hier, wie in Italien und Spanien, noch in voller Blüte steht, bietet, scheint die reiselustigen und abendteuersüchtigen Engländer nicht nur abzuschrecken, sondern vielmehr an zulocken. Wir geben dem Leser in den ersten Kapiteln dieser Erzählung, soweit dies mit derselben in direktem Zusammenhänge steht, ein Bild von diesen den Reisenden drohenden Gefahren und gleichzeitig von dem Leben und Treiben der Räuber in diesem Lande. Eines Morgens im April ritten drei junge Engländer mit ihren Dienern und Führern die Straße von Athen nach Korinth entlang, welches Letztere sie gegen Mittag zu erreichen hofften. Die hervorragendste Person der kleinen Gesellschaft war Alfred, Graf von Kingscourd, ein Mann von 26 Jahren und bemerkenswerter Schönheit. Die Züge seines gebräunten Gesichts waren durchaus regelmäßig, fast streng, aber die Weichheit und Zartheit des von einem wohlgepflegten Schnurrbart, welcher schwarz wie das Haupthaar war, umrahmten Antlitzes, verleihen ihm den Ausdruck freundlicheu Ernstes. Seine Augen, von jener dunkelbraunen Farbe, welche man mit schwarz zu bezeichnen pflegt, blickten kühn in die Welt hinein, und doch hatte einen kompletten Flugapparat mit Luftschiffmotor ausgestellt. Die Ausstellung ist vormittags von 9 Uhr ab bis abends 9 Uhr geöffnet. Diese Flugmaschine und der 30pferdige, nur 45 Kilogramm wiegende Motor sind eigene Kon struktion von Fritz Hayn und wurden in der Maschinen fabrik von Hayn L Leilich, Chemnitz, erbaut. Ein erster derartiger Apparat wurde bereits im Sommer 1908 fertiggestellt und die ersten Flugversuche damit gemacht, dann wurde die Flugmaschine mit Unterstützung des Säcks. Vereins für Lustschiffahrt, nachdem ein größeres Modell in der Technischen Hochschule geprüft und für gut erklärt war, umgebaut, sodaß die weiteren Versuche damit vor Weihnachten vorgenommen werden konnten. Diese Versuche hatten den Zweck, die Festigkeit der einzelnen Teile zu prüfen. Die Firma nahm dann am Grund der dabei gesammelten Erfahrungen einen abermaligen vollständigen Umbau vor. Insbesondere wurde der Antrieb wesentlich vereinfacht und am Apparat vorn und hinten außer den Antriebs- noch größere Tragflächen und ein besonderes Höhensteuer angebracht, sowie ein 30pferdiger Rotationsmotor eigener Konstruktion eingebaut. Der Apparat selbst ist eine Kombination von Rad- und Drachenflieger. Es ist also gewissermaßen ein Drachenflieger mit radartig bewegten Auftriebsflächen. Diese Auftrieböflächen haben den Zweck, den Apparat direkt von der Stelle aufsteigen zu lassen. Die Vorwärtsbewegung des Apparates erfolgt durch den Luftpropeller. Der Apparat ist 6 m lang, 6 m breit und 3'/, m hoch und wiegt unbemannt 255 Diese Konstruktion ist von hervorragenden Fachleuten auf dem Gebiete der Flugtechnik als die vorteilhafteste und beste Lösung der Flugfrage bezeichnet worden, welche „die den Flugapparaten entgegenstehenden Widrigkeiten" wohl zu überwinden geeignet sein dürfte. Die Aus stellung wird sicher einen großen Anklang finden, denn es ist das erstemal, daß in Dresden ein deutscher Flugapparat, eine jener modernen Wundermaschinen, der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Von den Erbauern sind weitere systematische Versuche geplant, zu deren Durchführung die Ausstellung die Mittel ergeben soll. Der Sächsische Verein für Lustschiffahrt, durch dessen Opferwilligkeit der Bau ermöglicht wurde, bittet im Interesse des guten Zweckes um zahlreichen Besuch. Gefälschtes Meißner Porzellan. Großes Aufsehen erregt gegenwärtig ein Vorfall, der sich in Vautzen ab-! gespielt hat und zurzeit die hiesige Staatsanwaltschaft! beschäftigt. Dem Vernehmen nach soll ein hiesiger Kunst-! Händler seit längerer Zeit aus der Königlichen Porzellan-! Manufaktur Meißen rohe Porzellangegenstände bezogen,! sie in einer von ihm besonders eingerichteten Werkstatt! malen und brennen lasten und als „echtes Meißner! Porzellan" verkauft haben. Diese gefälschten Porzellan-! gegenstände hat ein Großkausmann zur Ausstattung seiner Tochter zu hohen Preisen erworben. Sachkenner« erkannten aber die Fälschung und darauf strengte der« Käufer gegen den Kunsthändler Schadenersatzklage an und schließlich hat sich nun auch die Staatsanwaltschaft mit der Sache besaßt und eingehende Erörterungen an- zestellt. Es soll gutem Vernehmen nach Anklage wegen sein Blick einen wunderbar wohltuenden Schmelz, der den Beschauer unwillkürlich fesselt. Seine Eltern waren tot, und so war er sein eigner Herr, Besitzer großer Güter in England und Schottland, mit einem wahrhaft fürstlichem Einkommen. Er war ein Liebling der vornehmen Gesellschaft, der Gegenstand des Wünschens und Trachtens für viele Mütter und Töchter und eine überall gern gesehene und begehrte Persönlichkeit Obwohl manche schöne und reiche Erbin auf Grund einer ihr von ihm erwiesenen gewöhnlichen Artigkeit sich mit der Hoffnung schmeichelte, ihm ein größeres Interesse ab gewonnen zu haben, so war sein Herz dock vollständig frei geblieben. Mit Vorliebe beschäftigte er sich mit den brennenden politischen und sozialen Fragen des Tages und versprach nicht nur seinem klangvollen Namen dereinst Ehre zu machen, sondern auch, was uoch mehr wert war, einen guten Teil beizutrageu zur Lösung der verschiedenen bestehenden Wirren. Seine Begleiter waren seinen Freund Bertin Kollys, der jüngere Sohn eines Marquis, und Kapitän Wilbraham, ein Gardeoffizier; beide sehr angesehene und gebildete Männer, anziehend sowohl ihrer äußeren Er scheinung wie ihrer feinen undliebenswürdigen Manieren wegen. „Wir können uns freuen, daß wir der Aufmerksam keit der Briganten entgangen sind," sagte in ernstem Tone Bertin, als die drei Freunde in einiger Entfernung von den Führern nebeneinanderritten. „Ich fürchte, daß uns das Los anderer Reisenden zu teil werden würde; aber das Vorgefühl der Gefahr hat unserer Reise etwas Romantisches gegeben." „Ich danke für solche Romantik," entgegnete Kapitän Wilbraham. „Auf derselben Straße wurden im vorigen Jahre zwei Engländer von den Räubern gefangen und sechs Monate lang festgehalten. Sie erinnern sich wohli Betrugs erfolgt fern. Die König!. Porzellanmanufaktur Meißen hat an der Aufklärung der seltsamen Angelegen heit ein ganz besonderes Interesse. Dauernd in Abessinien verbleibt der Augenarzt Dr. Steinkühler aus Zittau, der Anfang dieses Jahres zur Einrichtung einer Augenklinik vom Kaiser Menelik nach Abessinien berufen wurde. Seine Zittauer Augen klinik ist jetzt in den Besitz des Augenarztes Dr. Sommer übergegangen. Arrrze Lhronik. Verhaftung eiues Hamburger Schiffs reeders. Eine Sensationsaffäre beschäftigt gegenwärtig die Hambmger Behörden. Unter dem Verdacht des Ver- sicherungsschwtndels und des Meineids wurde der Schiffs reeder Alfons Ahrend verhaftet. Er wird beschuldigt, einen seiner Maschinisten und einen Matrosen angestiftet zu haben, Schiffe auf hoher See sinken zu lassen. Drei Schiffe haben auf diese Weise ihren Untergang gefunden, bei dem vierten, dem „Kommerzienrat Burjam", wurde auf dem Atlandischen Ozean die Tat entdeckt, als der Matrose Nobel die Unterwasserventile öffnete. Nobel wurde verhaftet und traf dieser Tage als Gefangener auf dem Dampfer „Alexander Woermann" hier ein Auch der Maschinist ist verhaftet worden. In dieser Sache wurde der Reeder Ahrend bereits vor mehreren Wochen als Zeuge vernommen; damals hatte er unter Eid aus gesagt, daß er über den Untergang der Dampfer keine Aussagen machen könne. Zu der Affäre wird weiter ge meldet: Vor einigen Jahren ging er nach Hamburg, wo er sich im Verein mit Maschmann einen Dampfer die „Marie Maschmann" kaufte Bei schlechtem Wetter erleidet das Schiff, das eine Holzladung an Bord hatte, eine Havarie, die für die Versicherungsgesellschaft von über 100 v. H. bedeutete. Die beiden Associes trennten sich darauf, und Ahrend etablierte sich nun als selbständiger Reeder unter der Firma Alfons Ahrend. Von der Firma Retzlaff kaufte er, der fast völlig mittellos war, den Dampfer „Friedrich Burjam". Das Schiff, das neu 452000 Mk. kostete, erwirbt er angeblich um 650000 Mk., wobei noch zu berücksichtigen ist, daß selbst die Wert schätzung bei der ungünstigen Konjunktur zu hoch gegriffen ist. Merkwürdigerweise vercharterte er das Schiff gleich an die Verkäufer, und zu einem Preise, der für ihn einen Verlust bedeuten muß Dann begannen die Versicherungs manöver. Nicht nur das, auch die Ladung, die Policen, ja selbst die Assekuranzprämien werden versichert, auf einen Betrag, der über 884000 Mk. beträgt. Dann noch ein auffallender Umstand, der auf die ganze Angelegenheit ein eigentümliches Licht wirft. Retzlaff der mit dem Schiffe, das er angeblich an Ahrend verkauft hat, nichts mehr zu tun hat, schließt in London eine Versicherung auf 115000 Alk. ab, die ihm später auch ausgezahlt werden, als der Dampfer bei gutem Wetter, ohne irgendwelche äußere Einw rkungen Schiffbruch erleidet. Nun wendeten sich die Londoner Gesellschaften, die hauptsächlich in Mitleidenschaft gezogen sind, an den Internationalen Transportversicherungsvcrband, der dann die ganzen Machenschaften Ahrends aufdeckte. des Aufsehens, welches die Sache machte. Einer der Herren starb während der Gefangenschaft in Folge der Feuchtigkeit und schlechten Luft in der Höhle, der Ändere zahlte ein enormes Lösegeld und kehrte körperlich und geistig krank in seine Heimat zurück Nein, lieber möchte ich nie nach Griechenland gekommen sein, als die Be kanntschaft der Banditen zu machen." „Es ist keine Gefahr vorhanden", bemerkte Lord Kingscourt. „Unsere Führer haben, mit Rücksicht auf die Bezahlung, versprochen, uns sicher nach Corinth zu ge leiten und uns vor jeder Belästigung zu bewahren. Unser Konsul in Athen sagte, daß wir uns diesen Führern ohne Besorgnis anvertrauen könnten, — dadurch, daß wir ihn soviel geben, haben wir den Wegelagerern Tribut gezahlt." „Die Führer und die Banditen sind Verbündete," sagte Bertin. „Da wir mit den ersteren einen Vertrag geschlossen, werden wir vor den letzteren sicher sein. Es ist Ehrlichkeit unter den Dieben, heißt es, und ich hoffe, daß dies auch unter den griechischen der Fall ist. Hätte ich nickt Vertrauen zu den Versicherungen des Konsuls, und wären nicht auch andere Reisende schon unbehelligt durch unsere Führer an ihr Ziel geleitet worden, würde ich ernste Besorgnis hegen. Unser Hauptführer hat ein Gesicht, welches nicht sehr vertrauen erweckend ist." Der Graf blickte auf den Hauptführer, welcher mit seinen zwei Kameraden vorausritt und in diesem Moment sich gerade umsah, so daß sein Gesicht voll zu sehen war. Es war ein finsteres, unheimliches Gesicht, welches, wäre sein Träger nicht so gut von dem englischen Konsul und anderen Touristen empfohlen worden, unserer Ge sellschaft Abneigung und Mißtrauen eingeflößt haben würde „Ich gestehe, daß Paulos ein nicht sehr ansprechendes Aeußeres besitzt", sagte Kingscourt, „aber Ihr werdet * chMt ßr UM Beilage zu Nr. 33. Donnerstag, 25. März 1909