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Ador^er WoHenblatt. Mi ttheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünktrr Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 Gr. Sachs., bei Beziehung des Blattes durch Botengelegenheit 12 Gr. Sächs. 32. Erscheint jeden Donnerstag. 1840. Die Angelegenheiten der Presse. (Fortsetzung.) Meint man dagegen, der Gebrauch der Presse müjst gezügelt werden, damit die Ehre und der gute Leumund der Staatsbürger unangetastet bleibe; so ist auch die geschärfteste Censur nicht im Stande, alle Uebergriffe der Presse in dieser Hinsicht zu überwachen. Beweisende Beispiele hierzu liegen nicht ferne, und ließen sich in Menge ansühren. Gewiß ist es daher, daß die Gefahren der freien Presse aus der einen Seite übertrieben, auf der andern Seite aber auch durch die Censur nicht gnügend besei tigt werden, besonders wenn man im Auge behält, daß gerade dann, wenn die Censur am strengsten ist, bei der Liebe zum Verbotenen die Lust, sie zu umgehen, am le bendigsten wird. Bedürfte es aber noch eines weiteren Beweises von der Gefahrlosigkeit der befreiten Presse, so wäre es die Berufung auf die Erfahrung und Ge schichte. Aus die außerdeutschen Staaten, wo volle Preßfreiheit besteht, braucht zunächst nicht hingewiesen zu werden, um den Beweis zu ergänzen, daß die Existenz der Staaten, wie man so ost glauben machen will, durch die sreie Presse nicht im Mindesten gefährdet wird. Bleiben wir bei Deutschland selbst stehen. In Schleswig und Holstein bestand fünfzig Jahre lang vollkommen unbeschränkte Preßfreiheit, sie bestand dort zum Heil und Frommen des ganzen Landes, ohne daß selbst ein sogenanntes Preßgesetz ihren Gebrauch geregelt hätte. Sie bestand noch dazu in einer sehr gefährlichen Zeit, bestand während der ganzen französischen Revolution und hat kein Unglück gebracht, ist auch nicht in Folge eines Mißbrauchs ausgehoben worden, sondern lediglich als ein Opfer der neuern Verhältnisse gefallen. Ihre Aushebung datirt sich von den bekannten „Karlsbader Beschlüssen." Auch in Mecklenburg und Hessen-Darm stadt gab es bis dahin nie eine Censur, selbst zu den, der Preßfreiheit doch gewiß keineswegs günstigen Zeiten Napoleons. In Baden und Hannover bestand wenig stens Censurfreiheit für alle höheren Staatsbeamten und Professoren, also für diejenigen, welche präsumtiv der Presse am Meisten sich bedienen. Und überall freute man sich, im Besitze dieses kostbaren Kleinods zu sein, und nie siel es den eigenen Regierungen dieser Länder ein, denselben zu entziehen. Und noch gegenwärtig be steht die Freiheit der Presse ohne alle Beschränkung in den drei brittischen Reichen England, Schottland und Irland, in Schweden, Norwegen und Dänemark, in Frankreich, Belgien, Holland und der Schweiz, in Grie chenland und den jonischen Inseln, Spaniens und Por tugalls, so wie der außereuropäischen Staaten gar nicht zu gedenken. So gut aber, wie sie anderwärts besteht und Früchte bringt, so gut muß sie auch für Deutschland gefahrlos sein, da wohl Niemand mit Ernst behaupten oder mit der Behauptung beweisen wird, daß das deutsche Volk des Rechtes der freien Gedankenäußerung weniger würdig oder zu dessen Gebrauche minder befähigt sei. Mißbrauch ist auch bei uns möglich, da auch die Bewohner der deutschen Staaten nur Menschen sind. Aber Mißbräu chen der Presse muß man durch ein Gesetz begegnen. Wollten wir weiter gehen, „so müßten wir," wie König Gustav Hl. in seiner Begründung der Preßfreiheit sagte, „gar keine Freiheit gestatten, gar kein Gut heilig halten."