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WenM für Mckuff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne I Nummern 10 Pf. Tharandt, Nassen, Siebenlehn nnd die Umsegenden. Amtsblatt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Cörpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Milsdruff, sowie für das Rgl. HorsLrentamt zu Tharandt. No. 4«. Dienstag, den Juni 18S1. Bekanntmachung, eine Arealenteignung zu Eisenbahnzwecken in der Flur Niederwartha betr. Das Verzeichniß des anläßlich des Baues eines zweiten Gleises auf der Strecke Cotta-Niederwartha der Eisenbahnlinie Dresden-Elsterwerda in der Flur Niederwartha zu ent- enteignenden bez. nur zu entschädigenden Landes sowie der hierauf bezügliche Grundriß nebst Querprofilen liegen während der nächsten 14 Tage sowohl an hiesiger Kanzleistelle als auch in dem Abtheilungs-Ingenieur-Bureau Dresden-Friedrichstadt für die Betheiligten zur Einsichtnahme aus. Auch wird den Letzteren auf Ansuchen in dem nurgedachten Ingenieur-Bureau etwa gewünschte nähere Auskunft ertheilt werden. Meißen, am 2. Juni 1891. Königliche Amtshauptmannschaft. Vekanntinachiing. In dem zum Nachlaßvermögen des Sattlermeisters Heinrich August Lrshue in Wilsdruff eröffneten Konkursverfahren fordere ich alle diejenigen Personen, welche dein Nachlasse etwas schulden, oder zur Konkursmasse gehörige Sachen im Besitz haben sollten, auf, sofort die schuldigen Beträge an mich zu zahlen, bez. mir vom Besitze der Sachen An zeige zu machen. Dresden, am 4. Juni 1891. Der Konkursverwalter: R.-Anw. Müller, Waisenhausstr 1711. Tagesgeschichte. Eine bemerkenswerthe Erörterung der Getreidezoll- srage, welch' letztere auch in der verflossenen Woche die ge- sammte Presse im hervorragendsten Maße beschäftigte, hat am Montag auf der in Frohburg abgehaltenen Hauptversammlung des landwirthschaftlichen Centralvereins des Regierungsbezirkes Leipzig stattgefunden. Herr l)r. v. Fr ege-Abtnaundorf nahm in dieser Versammlung Gelegenheit, vom allgemeinen volkswirth- schaftlichen Standpunkte aus, die Frage an der Hand der Resultate der Verhandlungen im Reichstage und preußischen Landtage, welche bekanntlich zu der eklatanten Niederlage der Freihändler im Januar dieses Jahres führten, äußerst beschämend für die Gegner der landwirthschaftlichen Schutzzölle darzustellen und hob besonders die verdienstvollen Erklämngen der Vertreter der Reichs regierung hervor, deren Worte ja so vielfach tendenziös verdreht worden seien, weil sie eben nicht den neuen Kurs, den Herr- Richter und Herr Bebel wünschen, bestätigt hätten. Indem der bekannte langjährige agrarische Vorkämpfer, der in seinem Wahl kreis sich einer großen Anerkennung und Beliebtheit erfreut, sich rückhalllos gegen die Nothwendigkeit einer plötzlichen Aufhebung der Zölle aussprach und hoch überraschende Zahlenbeweise brachte über die bisherigen Wirkungen der Zölle und die von diesen ganz unabhängigen übrigen Faktoren der Preisbildung der Zerealien, erklärte er sich trotz seiner bekannten prinzipiellen Zustimmung zu einer stabilen machtvollen Schutzzollpolitik gerade als einer der ersten Verfechter der Gleichberechtigung der Landwirthschaft, deren Lage er seit 1879 schon als schutzbedürftig erklärt habe, keineswegs gegen den österreichisch-deutschen Handelsvertrag, da derselbe wesentlich zur Stabilisirung der Schutzzölle dienen könne, und eine lange Jahre hinaus garantirte Dauer mäßiger Zollsätze ihm viel heilsamer erscheine, als starres Festhalten am jetzigen Tarif bei gleichzeitiger Gefahr einer plötzlichen Aufhebung der Getreidezölle, die dann geradezu niederschlagend wirken müsse auf die intensive Landwirthschaft, wie sie im Königreich Sachsen sich von Jahr zu Jahr mehr entwickle durch die Fürsorge der Regierung und die Selbsthülfe der Kreisvereine. Diese Auffassung, welche im Gegensatz zu dem Eposä der Steuer- und Wirthschaftsreformer stände, glaubte der Herr Abgeordnete freimüthig aussprechen zu müssen, bei aller sonstigen Nebereinstimmung mit seinen agrarischen Ge sinnungsgenossen, denen er dringend im Interesse der Eintracht mit der Industrie und den städtischen Kreisen maßvolles Vor gehen anempfahl. Es ist bekannt, daß Deutschland auf dem Gebiete der staatliche» Arbeiterversicherung allen anderen Ländern voran gegangen ist. Die deutsche Gesetzgebung mußte in dieser Be ziehung auf einem völlig unbekannten Boden aufgebaut werden, und daraus erklärt sich, daß dieselbe noch an manchen Mängeln leidet. Die Arbeiterversicherung wurde, wie gleichfalls bekannt, zu ihrem größten Theile unter dem Widerspruche der radikalen Parteien bei uns eingeführt. Nun müssen aber die Letzteren erleben, daß nicht bloß die verschiedensten fremden Staaten einzelne Theile der Arbeiterversicherung gleichfalls eingeführt haben, sondem daß auch Nationen, auf deren Sympathien die Radikalen stolz sind, dem deutschen Muster nachzuahmen beginnen. Die Unfall versicherung ist u. A. ziemlich genau nach deutschem Muster in Italien und Oesterreich eingeführt. Jetzt schictt Frankreich sich an, eine Arbeiteraltersversicherung einzurichten. In der nächsten Woche soll eine darauf bezügliche Vorlage der französischen Deputirtenkammer zugestellt werden. Danach soll den Arbeitern nach 30 Arbeitsjahren eine jährliche Rente von 300 bis 600 Francs zugestellt werden. Die deutsche Altersrente tritt bekannt lich erst nach vollendetem 70. Lebensjahre ein und beträgt im Mindestfalle W6,4O Mark, im Höchstfälle 191 Mark, DK Sozialdemokraten werden nicht verfehlen, aus diesen Unterschieden zwischen den deutschen und französischen Bestimmungen, welch' Letztere allerdings erst noch der Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaften bedürfen, zur Verkleinerung der heimischen Ver hältnisse Capital zu schlagen. Einem solchen Treiben wird einfach entgegen zu halten sein, daß die Franzosen bisher lediglich an die Einführung des die geringsten Kosten verursachenden Arbeiter versicherungszweiges gedacht haben und daß es für unsere Ver hältnisse durchaus nicht angemessen erscheint, daß die Arbeiter schon niit der Mitte der vierziger Lebensjahre sich zur Ruhe setzen. Es geschieht das in Deutschland bei keiner anderen Be völkerungsklasse und würde geradezu einen Rückschritt der Kultur im Gefolge haben. Sodann wird man bedenken müssen, daß für unsere Altersversicherung das Reich nur ein Drittel der Bei träge aufbringt, während in Frankreich der Staat mit zwei Dritteln belastet werden soll. Man wird also durchaus keinen Anlaß haben, die französische Altersversicherung von diesen Ge sichtspunkten aus über die deutsche zu stellen. Schließlich aber kommt noch der Humanitätsstandpunkt in Frage. Während in Deutschland jedem innerhalb des Reichsgebietes beschäftigt ge wesenen Arbeiter, auch dem Ausländer, die Altersrente zugesichert ist, sollen in Frankreich nur einheimische Arbeiter an der Renten- klaffe theilnehmen und während sogar die in bestimmte Grenz gebiete des Deutschland benachbarten Auslandes verziehenden ausländischen Arbeiter die deutsche Altersrente beziehen, will das humane Frankreich bestimmen, daß Arbeitgeber, welche ausländische Arbeiter beschäftigen, für jeden derselben täglich 10 Centimes zu Gunsten der Rentenkasse zahlen sollen. Wahrscheinlich, ein Ver gleich zwischen der deutschen und französischen Altersversicherung wird nicht zu Gunsten der letzteren ausfallen. Im Uebrigen können wir uns nur sreuen, daß allmählich alle anderen Nationen zur Einführung der staatlichen Arbeiterversicherung gezwungen werden. Denn die deutsche Concurrenz wird nicht unwesentlich durch die ihr bisher allein oder vorwiegend aufgebürdeten Lasten der Versicherung gehemmt. Die Sozialreform im Handwerk ist, so schreibt ein Handwerksmeister in der „Schles. Morgenztg.", seit längerer Zeit ins Stocken gekommen, denn der vom Reichstage ange nommene gesetzliche Befähigungsnachweis mit dem dazu gehörigen Meistertitel ruht aus beim Bundesrath und kann dort weder leben noch sterben. Inzwischen ist infolge einer Immediateingabe an Se. Maj. den Kaiser eine Kommission aus den verschiedenen Handwerkerverbänden gebildet worden, welche, wie verlautet, am 9. Juni in Berlin zusammentreten soll, um die Wünsche des Handwerkes genau darzulegen, obwohl dieselben durch die ver schiedenen Handwerker- und Verbandstage aus allen Provinzen schon seit 15 Jahren bekannt sein dürften, zumal dieselben schon öfters vor dem Forum des Reichs- und Landtages behandelt worden sind. Währenddem sind aber schon Hunderte und Tausende von Handwerkern Pessimisten, ja Sozialdemokraten geworden, besonders solche, welche bei der Großindustrie und m Fabriken als Arbeiter ihr Leben fristen mußten; und sind sie erst dort, dann sind sie für die staatserhaltenden Elemente so gut wie verloren. Die Unzufriedenheit der Handwerker steigert sich umsomehr, als die Meister durch die eingeführten Reformen für die Gesellen drei- bis vierfach belastet werden, ohne auch nur das geringste Aequivalent dafür zu bekommen. Denn das, was wir etwa durchs Gesetz erreicht haben, ist nur, daß wir das Recht zu cxistiren haben, aber das Recht auf Arbeit und Schutz derselben ist nur für andere Stände vorhanden. Und so warten wir in Geduld als die artigen Kinder von einem Jahr zum andern, während die unartigen und Schreihälse Alles bekommen und doch nicht zu befriedigen sind, obwohl ihn alles, zumeist auf Kosten der artigen, gegeben wird. Uns will man wohl und der alles minirenden Gewerbefreiheit nicht wehe! Und in diesem Jrrthume sind selbst noch viele Handwerker befangen, namentlich solche, welche sich infolge der Gewerbefreiheit in die Höhe schwingen konnten, indem sich im Trüben ganz gut fischen läßt. Das ist auch meist das Prinzip der sogen. Gewerbe vereine, welche weder Befähigungsnachweis noch obligatorische Innung gelten lassen wollen, sondern hauptsächlich das Heil der Handwerker in der „Bildung" sehen. Vor Jahren wollte man den Meistern beweisen, daß kein Befähigungsnachweis erforderlich sei, um etwas ordentliches zu lernen. Es wurden große Lehr lings-Ausstellungen veranstaltet, die Lehrlinge beschenkt und prämiirt für Arbeiten, die sie gar nicht geleistet hatten; schließlich mußte man sich überzeugen, daß man damit hineingefallen war. Nun soll ein neues Palliativmittel helfen (nur ja nicht der Befähigungsnachweis) und zwar die Einführung der obligatori schen Fach- und Fortbildungsschulen. Wir Handwerksmeister haben hingegen schon so oft erklärt, die beste Fortbildungsschule ist die Werkstatt. Eine Werkstatt kann aber durch Schulmänner nicht ergänzt werden. Wenn Bildung und immer wieder Bildung alles thun könnte, um sein späteres Fortkommen zu finden, so würde sich doch ein sogenanntes gebildetes und verbildetes Prole tariat nicht schon so massenhaft gehäuft haben, woraus die Sozialdemokratie erst recht ihre Führer bezieht. Ich meine, so lange das Magazinunwesen und die Gewerbefreiheit nicht ein geschränkt und die Innungen den so lange geforderten Befähigungs nachweis mit dem allein berechtigten Meistertitel nicht bekommen, können nns auch obligatorische Fach- und Fortbildungsschulen nichts nützen, im Gegentheil, wir erziehen nur der Großindustrie und den Fabriken, sowie den Magazinen, welche große Werk stätten halten, tüchtige Gesellen und Arbeiter, die sie sonst nicht haben würden, und das alles auf unsere Kosten. Ob wir das aber auf die Dauer ertragen können, darnach fragt man nicht, wenn nur die Geldmacherzunft nicht in Gefahr kommt. Daher sind auch die Augen der Handwerker nur noch auf die Jm- mediatkommission gerichtet, welche durch das thatkräftige Ein greifen unseres hochverehrten Kaisers berufen worden ist. Es wird viel davon abhängen, ob die staatserhaltenden Elemente oder die Sozialdemokratie davon den Nutzen ziehen werden. — So ein Handwerksmeister, welcher im Namen der überwiegenden Mehrzahl seiner Standesgenoffen sprechen dürfte. Posen. Nach einen, Telegramm aus Petersburg wurde in der Ortschaft Darwkoch, Bezirk Tersa, das Schulgebäude unterminirt und mit Pulver in die Luft gesprengt. Das Ge bäude wurde total vernichtet. Zehn Personen sind todt, 12 tödtlich verwundet. Man vermuthet darin den Racheakt eines Einwohners gegen den Schulmeister. In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend wurde Ober italien von einem heftigen Erdbeben heimgesucht. Die Vicedirectrice eines Pensionats ist infolge des dabei erhaltenen Schreckens verstorben. In Marcerigo sind drei Häuser zer stört, wobei drei Personen getödtet wurden. In Calavena wurden 17 Personen noch lebend unter den Trümmern hervor-. gezogen. In der Stimmung der russischen Presse gegenüber Frankreich macht sich — wie englische Jour nale konstatiren — eine auffällige Wandlung bemerkbar. Die offiziösen russischen Blätter entdecken auf einmal, daß französische Aufrichtigkeit eine sehr wenig verläßliche Sache sei, und daß die französische Republik sich einer argen Fiktion hingegeben, wenn sie geglaubt habe, daß eine russische Allianz eine Ruthe bedeute, mit der man Deutschland ins Gesicht schlagen könne. Dieser Frontwechsel bei den tonangebenden Organen muß um so mehr überraschen, als diese Blätter noch vor wenigen Monaten die größte Sympathie und Bewunderung für Frankreich bekundeten.