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Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Annahme von Inseraten bis vormittag 40 Uhr. Inserate werden mit 40 Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be< sonderem Tarif. Die „Vtiendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 4,20 Mark. Nr. 89. Sonntag, den 26. Juli 1903. 2. Jahrgang Ieuer-Alann. Zwecks Abhaltung einer größeren Uebung wird die Freiwillige Feuerwehr innerkalb cker näckNen 8 Oags in den Morgenstunden durch Hornsignale alarmiert werden, was hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird. TttcuLors-Moritzdors, am 25. Juli 1903. Der GemeinckevorNanck. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Mkrilla, 25. Juli 1903. LN Für die Gemeinde Kleinokrilla sind Herr Heinrich Gotthelf Körner als Gemeinde vorstand, Herr Ernst Hesse als Gemeindeältester wiedergewählt und in Pflicht genommen worden. —* Wie aus der in heutiger Nummer be findlichen amtlichen Bekanntmachung ersichtlich findet im Laufe der nächsten 8 Tage eine größere Uebung der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr statt. — HunostagSregeln! Hängt dieVogel- käfige nicht in die brennende Sonne oder in Zugluft! Pferde und andere Tiere, die warten Müßen, lasset im Schatten stehen! Gebt den Zug- und Kettenhunden, sowie dem Geflügel täglich frisches Wasser! Denkt bei Sonnen brand auch an die armen Zugtiere! Radfahrer, lasset Eure Hunde zu Hause! — Frau Sonne geht rüstig ihren Weg, sie ist jetzt aus dem Zeichen des Krebses in das Sternbild des Löwen eingetrelcn. Die Bahn läuft aber immer mehr abwärts, wir merken es bereits an den kürzeren Tagen. Wie lange noch und der Hochsommer muß dem Nachsommer Platz machen. Die Hundstage bescherten uns bisher kein übermäßig warmes Wetter. Wir haben vordem schon heißere Tage gehabt. Nun, so wie das Weller zur Zeit ist, könnte es bleiben; eine schone Mittel temperatur ist doch das beste. Das werden Städter und Landmann sagen. — Klagen über massenhaftes Fischsterben kommen jetzt auch aus den verschiedensten Teilen Thüringens. Besonders aus den Gebieten der kleineren Flüsse mit Industriestädten lauten die Nachrichten ernst. In der Orla, unterhalb Pößnecks, giebt eö Fische überhaupt nicht mehr In der Elster, im Vogtland, wurden dieser Tage gegen 10 Zentner tote Forellen gefunden. Die Forellenzuchl ist dort, wenn nicht ganz und gar, so doch auf viele Jahre vernichtet. Auch von der Göltzsch und dem in diese mündenden Seisenbach kommen trübe Nachrichlen. Dresden. Bei der Berliner Kriminal polizei ist ein Telegramm eines Innsbrucker Hoteliers eingelaufen, daß auf seine Veranlass ung der Hochstapler Manolesco, der hier eine so erfolgreiche Gastrolle gab, in seinem Hotel von den Innsbrucker Behörden verhaftet worden sei. -- Von der Lohnbewegung der Straßenbahn angestellten hier wird berichtet: Nachts halten sich etwa 500 Straßenbahner im Saale des „Trianon" versammelt, um über die einzu schlagenden Wege behufs Erfüllung ihrer Forder ungen zu beraten. Der Vorsitzende des Ver bandes deutscher Transportarbeiter, O. Richter- Chemnitz, eröffnete die Versammlung. Er referierte über „Was wir wollen!" und ver kündete namens der hiesigen Straßenbahner acht Forderungen, die einstimmig angenommen wurden und nunmehr den Direktionen beider Linien ordnungsgemäß vorgetragen werden sollen, was bisher nicht der Fall war. Es wurde außerdem eine Kommission aus zehn Straßenbahnern gewählt, welche die weitere Bewegung zu leiten und zu überwachen hat. Zu derselben Zeil hatte auch die Direktion der Deutschen (roten) Straßenbahngesellscbaft eine Versammlung nach dem Straßenbahnhofe III (Trachenbergstruße) einbernfen. Turek. Slößner eröffnete dort die Versammlung früh halb 2 Uhr und dankte den Anwesenden für ihr Er scheinen. Er sicherte den Bediensteten die mög lichste Erfüllung ihrer Wünsche zu, lehnte es jedoch ab, mit den von auswärts gekommenen Agitatoren zu verhandeln. Die Versammlung, aus der mehrfach Wünsche bezüglich der Ab stellung von Übelständen freimütig geäußert wurden, wählte schließlich eine Kommission, die mit der Direktion weiter verhandeln soll. — Der Dienstmann M. Claus, Werder straße 8, vierte Etage wohnhaft, der Ende Alai d. I. aus Amerika hierher zurückgekehrt ist und von seiner Ehefrau getrennt lebt, ist gestern früh gegen ^48 Uhr in die Wohnung seiner Ehefrau auf der Ehrlichstraße 4, dritte Etage eingedrungeu und hat die Frau und sich selbst erschossen. Ueber die Einzelheiten wird berichtet: Der Mörder lauerte am Donnerstag Abend vor dem Hause seinem Schwiegervater, dem Besitzer des Grundstücks, auf und rief, als dieser zum Fenster heraus sah, ihm mit dem Revolver in der Hand zu: „Du hast es erreicht, Dir wische ich noch eins aus." Diese Aeußerung bezieht sich auf die zwischen den beiden Gatten schwebende Ehe scheidungsklage, in der im Juli die Scheidung ausgesprochen werden sollte. Um dies zu vereiteln, kam Claus Ende Mai aus Amerika zurück. Durch den Mord und Selbstmord sind drei Kinder im Alter von 9, 8 und 4 Jahren zu Waisen geworden. Freitag früh zwischen ^/z und »(48 Uhr klingelte Claus an der Wohnung seiner Frau und drang in die Wohnung ein. Hier entspann sich zwischen beiden ein kurzer, heftiger Wortwechsel, nach wenigen Minuten zog Claus einen verborgen gehaltenen Revolver hervor und gab auf seine Frau zwei Schüsse, beide in den Kopf, ab, worauf sie sofort tot zusammenbrach. Dann richtete er die Waffe gegen sich selbst und traf sich in die Brust und mit einem zweiten Schuß in die rechte Schläfe; röchelnd sank er zu Boden. Die bestürzten Kinder eilten hilfe suchend zu den Großeltern in die erste Etage; diese wie die infolge der Schüsse schnell herbei geeilten Nachbarn fanden die Frau tot auf der Schwelle von der Küche zum Vorsaale, den Mann noch röchelnd hinter der Eingangs tür liegend. Die herbeigerufene Wohlfahrts polizei bestellte sofort den Unfallwagen, währenddem ein Arzt bereits den Eintritt des Todes bei Claus feststellen konnte. Das Weitere übernahm die Staatsanwaltschaft. Bühlau. Vom Gemeinderate ist die Er richtung eines eigenen Wasserwerks der Ge meinde nach der Planung des Herrn Ingenieurs C. Dachsel in Dresden endgültig beschlossen worden. Die Ausführung des auf za 185 000 Äark veranschlagten Baues, mit welchem bald begonnen werden soll, wird ohne vorherige öffentliche Ausschreibung in engerer Bewerbung vergeben werden. Als Bauzeit sind etwa 6 Monate angenommen. Kleinzschachwitz. Wir berichteten kürzlich über das rätselhafte Verschwinden einer größeren Geldsumme, die beim hiesigen Postamt einge- zahlt sein sollte. Herr Major Frrevrich teilt nun hierzu mit, daß sich die fraglichen 850 M. abgezählt bei ihm im Geldschranke vorgefunden Haven. Der bedauerliche Vorfall sei nur da durch möglich gewesen, daß Major Friedrich am 1., 2., 4- und 6. d. M. nachmittags Ein zahlungen am Postschalter bewirkt unv deren Eindrücke miteinander verwechselt hat. Bei solchen Vorfällen sollte man sich freilich vorher ganz genau überzeugen, ob man nicht selbst im Irrtum ist, ehe man den Anlaß zur Verdäch tigung eines Beamten giebt, die, wie in diesem Falle, zur Suspendierung führte. Moritzburg. Montag den 3. August findet m Eisenberg-Moritzburg Roß-, Vieh- und Krammarkt statt. Großenhain. Der vorgestrige Nachmittags zug Cottbus-Großenhain hatte kurz hinter Ouersa unweit Schönfeld einen 10minutigen Aufenthalt, da die Luftdruckbremsvorrichtung mfolge Verlierens eines unmittelbar an der Maschine befindlichen Zwischenteils versagte. Die Bremsvorrichtung wurde wieder hsrgestellt. Die Passagiere erreichten auch noch den Dresdner Anschluß. Meißen. Tödlich verunglückt ist am Mitt woch früh im Kunzeschen Steinbruche bei Karpfenschänke der 50jährige Steinbrecher Wolf von hier. Ein größeres Felsstück löste sich un erwartet, vermutlich infolge des in der Nacht niedergegangenen Regens und erschlug den darunter Arbeitenden. Er war sofort tot. — Beim Baden ertrunken ist in Zscheila in einem Teiche hinter dem Kabelwerke ein 12jähriger Inabe namens Neumann. Er war an eine tiefe Stelle geraten und seine Kameraden konnten ihm keine Hilfe bringen. Zschieren. Auf hiesiger Flur ist ein an Händen und Beinen gefesselter männlicher Leich nam in der Elbe angeschwommen und behörd lich aufgehoben worden. Die Leiche zeigte am Hinürkopfe eine Schlagwunde, sodaß man einem schweren Verbrechen auf die Spur zu ein scheint. Die Leiche, die schon mehrere Tage im Master gelegen haben dürfte, war gut gekleidet. Nach den in einer Tasche vor gefundenen Legitimationspapieren hatte man es mit einem Klempnergehilfen aus dem Harz zu tun. Pirna. Ein frecher Diebstahl ist im be nachbarten Pratzschwitz verübt worden. In der dortigen Mühle ist einem der Brolkustcher, welche auf ihren Bestellgängen auch Gelder kassieren, aus der verschlossenen Futterkiste ein Belrag von 500 M. entwendet worden. Auch ein anderer Futterkasten ist von dem dreisten Langfinger erbrochen und durchwühlt worden, doch hat er den darin verborgenen Betrag von rund 1000 M. zum Glück nicht gefunden. Leipzig. Mittwoch früh begaben sich vom hiesigen Berliner Bahnhof aus ein Unteroffizier und 22 Mann als Ablösungskommando nach China. Leipzig- Seit längerer Zeit schwebte ein Prozeß des Zschilleschen Konkursverwalters in Großenhain gegen die Stadtgemeinde auf Herausgabe einiger dem hiesigen Museum für Völkerkunde überwiesenen Sammlungen an die Konkursmaste. Dieser Prozeß ist nunmehr end gültig in letzter Instanz zu gunsten der Stadt gemeinde entschieden worden. Es verbleiben sonach diese Sammlungen dem hiesigen Museum. — Der vom hiesigen Schwurgericht zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilte Millionär Fried rich hat beim Reichsgericht Revision eingelegt. — In der Hertleinschen Stuhlfabrik im StadUeil Naundörfchen wollte ein Arbeiter an der Kreissäge ein Stück Holz durchsägen; dabei prallte das Holz ab und flog dem daneben stehenden Tischler Ellert mit solcher Gewalt gegen den Kopf, daß er tot zu Boden stürzte. Chemnitz. Amtlich wird gemeldet: Auf dem Haltepunkt Buchholz bei Annaberg ist am gestrigen Freitag nachmittag ^3 Uhr der von Weipert kommende Personenzug Nr. 1387 ent gleist. Drei Wagen sind umgestürzt. Nach einer amtlichen Meldung sind getötet worden: Unteroffizier und Musiker Paul Langer aus Großenhain von dem dort garnisonierenden Königshufarenregiment Nr. 18, Herr Grund aus Bärenstein, Vertreter der Firma Gebr. Katz, Frau Postverwalter Otto aus Sehma und Frau Emilie verw. Meyer aus Marienberg. Schwer verletzt wurden ein Reisender aus Plauen und ein Fräulein aus Schneeberg. Der Stationsvcrwalter wurde verhaftet. Meerane. Bei Meerane stürzte sich ein Gefangener aus dem Kupeefenster eines Zuges in der Nähe von Mosel, wobei er sich Ver ¬ letzungen zuzog. Der Gefangene kam von Dresden und sollte seine Strafe in Zwickau verbüßen. Er war zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. — Ein schwerer Einbruchsdiebstahl wurde in der Nacht vom Sonntag zum Mon tag bei dem Fahrradhändler R. hier verübt. Dem Dieb gelang es, mit Hilfe mehrerer Diet riche verschiedene Türen zu öffnen und sich, nachdem er noch die Klingelleitung zerstört, in den Besitz von ziemlich 400 M. baren Geldes, die sich in einer verschlossenen Kommode be fanden, zu setzen. Polizeiliche Erörterungen sind im Gange. Werdau. In einer hiesigen Badeanstalt ertränkte sich eine Frau mit ihrem fünfjährigen Töchterchen. Saupersdorf bei Kirchberg. In der hie sigen Tuchfabrik von Hermann und Münz er eignete sich durch Zersprengung einer Schleuder maschine ein schwerer Unglücksfall. Ein Ar beiter wurde sofort getötet, ein anderer leicht verletzt. Limbach. Angeblich wegen Lohnreduktionen sind in der Langerschen Eisengießerei fast alle Arbeiter in den Ausstand getreten. Oberwiesenthal. In der Strafsache, die im Jimi dieses Jahres auf dem Fichtelberge erfolgte Ermordung und Beraubung des Reisenden Leopold Hörder betreffend, hat der Vater des Ermordeten die von ihm bereits früher auf die Ermittlung des Täters als Be lohnung öffentlich ausgesetzten 1000 M. nun mehr der Staatsanwaltschaft Chemnitz zur Ver fügung gestellt, die ihrerseits bekannt giebt, daß diese 1000 M. ganz oder im einzelnen, von der Strafbehörde zu bestimmenden Anteilen denjenigen Persoren zufallen, durch deren An gabe tue Überführung des Täters wesentlich gefördert wird. Da die Belohnung nicht auf die Ergreifung, sondern auf die Überführung des Täters ausgesetzt wird, ist anzunehmen, daß die Staatsanwaltschaft von der Schuld des einen oder der beiden inhaftierten Personen überzeugt ist, daß sie der Mordtat nur noch nicht überführt werden konnten. Plauen i- V. Der bei der Firma Blanck L Ko. hier infolge von Lohndifferenzen aus- gcbroäwne Streik der Sticker ist Mittwoch nach mittag wieder beigelegt worden. Beide Teile hatten das Gewerbegericht als Einigungsmittel angerufen und die vom Gewerberichter Mette geleiteten Verhandlungen halten einen Vergleich zur Folge. Die Firma Blanck L Ko. hatte die größte Zahl Stickmaschinen (über 70) in zwei Fabrikgebäuden. Plauen i. V. Ein Aufsehen erregender Vorfall spielte sich am Mittwoch nachmittag in der sechsten Stunde auf dem hiesigen Bahn hofe ab- Es wurde nämlich der Vizebürger meister von Wien Hofrat Abt verhaftet und in das Königliche Amtsgericht zu Adorf eingeliefert. Der Verhaftete wollte mittels Geschirrs nach Franzensbad fahren und bezahlte an den Kutscher 16 Mark Lohn. Kurz vor dem Bahn hof nahm er die Zügel des Geschirres selbst in die Hand und lenkte es nach dem Bahnhof. Er ging in das Bahnhofsrestaurant und be stellte Champagner, nahm einige Wandflaschen, schleuderte sie nach dem Kronleuchter und nach den Fenstern, die dabei zertrümmert wurden. Zu derselben Zeit befanden sich in der Bahn hofshalle die Gendarmen von Ölsnitz und Bad Elster, welche Abt sofort verhafteten. Dieser ließ sich die Verhaftung ruhig gefallen, um armte die Gendarmen und versprach ihnen hohe Orden. Im Gefängnisse zertrümmerte er die Fenster. Er führte eine Summe von 1050 Kronen bei sich. Selbstverständlich erregte die Verhaftung unter diesen eigenartigen Umständen außerordentliches Aufsehen. Seine Angehörigen beabsichtigen, ihn nach Wien zur Untersuchung seines geistigen Zustandes bringen zu lasten. — Bürgermeister Abt wurde nach Hinterlegung von 500 Kronen aus der Haft am Freitag nachmittag entlasten.